Hans Walser, [20150418]
Affine und projektive Kegelschnittbilder
Anregung: H. H., W.
Wir wollen zeigen, dass das affine Bild einer Ellipse wieder eine Ellipse, das affine Bild einer Parabel wieder eine Parabel und das affine Bild einer Hyperbel eine Hyperbel ist.
Das ist nicht trivial, da fŸr projektive Abbildungen dieser Sachverhalt nicht gilt. Dies wird exemplarisch gezeigt.
Eine regulŠre affine Abbildung hat lineare Abbildungsgleichungen
mit
.
Der Vektor
ist der Translationsanteil, der fŸr unsere †berlegungen weggelassen werden kann. Somit bleiben die Abbildungsgleichungen:
Wir brauchen rechentechnisch im Folgenden die Umkehrabbildung:
(1)
Eine allgemeine Gleichung zweiten Grades ist von der Form:
(2)
In Gro§vaters Formelsammlung (DMK/DPK 1992, S. 71) finden wir folgende Klassifizierung:
(3)
sowie
Da eine affine Abbildung geradentreu ist, kšnnen wir den zweiten Fall fŸr unsere †berlegungen weglassen.
Wir setzen (1) in (2) ein:
Die lŠsst sich umformen zu:
Mit
erhalten wir wiederum die Form (2).
FŸr das entscheidende Kriterium gemЧ (3) ergibt sich:
Dies lŠsst sich umformen zu:
Der
Faktor ist das
Quadrat der inversen Abbildungsdeterminante. Bei einer regulŠren Abbildung ist
diese nicht null, das Quadrat davon also positiv. Daher haben die Determinanten
und
das
gleiche Vorzeichen. GemЧ (3) ist also die Aussage im ersten Abschnitt
bewiesen.
Wir werden exemplarisch zeigen, dass der Sachverhalt bei projektiven Abbildungen viel interessanter ist.
Eine projektive Abbildung hat gebrochen lineare Abbildungsgleichungen. Wir arbeiten mit dem Beispiel:
Diese Abbildung hat zunŠchst die x-Achse als Fixpunktgerade.
Nullsetzen
des gemeinsamen Nenners in den Abbildungsgleichungen liefert die so genannte Verschwindungsgerade. In unserem Beispiel
ist das die Gerade (Abb. 1).
Abb. 1: Fixpunktgerade und Verschwindungsgerade
Die Punkte auf dieser Geraden werden in unendlich ferne Punkte abgebildet (ãDivision durch nullÒ). Das Bild der Verschwindungsgeraden ist entsprechend die unendlich ferne Gerade.
FŸr die Rechnungen benštigen wir wiederum die Abbildungsgleichungen der Umkehrabbildung. Diese sind:
Der
Einheitskreis berŸhrt
die Verschwindungsgerade. Dieser Punkt muss also verschwinden.
Rechnerisch erhalten wir:
Das ist die Gleichung einer Parabel (Abb. 2).
Abb. 2: Parabel
Der Kreis
hat mit
der Verschwindungsgeraden keinen Punkt gemeinsam. Da kann nicht viel passieren.
Rechnerisch erhalten wir (die ãquadratische ErgŠnzungÒ ist immer wieder
spannend):
Das ist die Gleichung einer Ellipse (Abb. 3).
Abb. 3: Ellipse
Wir sehen, dass Urbild (dunkelgrŸn) und Bild (rot) sich auf der Fixpunktgeraden schneiden.
Dass die
rote Bildellipse die Verschwindungsgerade berŸhrt, hat nichts zu bedeuten, da
die Verschwindungsgerade zum Urbildgehšrt. Das ist also reiner Zufall. Wenn wir
jetzt allerdings die rote Ellipse abbilden, erhalten wir eine Parabel, nŠmlich . Auch diese geht durch die gemeinsamen Fixpunkte.
Der Kreis
schneidet
die Verschwindungsgerade in zwei Punkten.
Rechnerisch erhalten wir:
Das ist die Gleichung einer Hyperbel (Abb. 4).
Abb. 4: Hyperbel
Der
Urbildkreis und die Hyperbel schneiden sich auf der Fixpunktgeraden. Dass die
Hyperbel und der Urbildkreis sich oben berŸhren, ist ein unglŸcklicher Zufall.
Auf Grund der Abbildungsgleichungen ist nŠmlich .
Die Abbildung 5 illustriert, wie die Schnittpunkte des Urbildkreises mit der Fixpunktgeraden (das sind die Punkte, die ins Unendliche abrauschen) mit den Asymptoten der Hyperbel zusammenhŠngen. Sie legen die Richtungen der Asymptoten fest.
Abb. 5: Asymptoten
Das Bild eines Kreises als Sonderfall einer Ellipse kann bei ein und derselben projektiven Abbildung eine Parabel, eine Ellipse oder eine Hyperbel sein. Entscheidend ist, ob der Kreis die Verschwindungsgerade berŸhrt, meidet oder schneidet.
Was auf der Verschwindungsgeraden liegt, geht sozusagen dann hinter die Kulissen. Bei einer affinen Abbildung bleibt alles auf der BŸhne, was auf der BŸhne ist. Und alles, was hinter den Kulissen ist, bleibt dort. Die unendlich ferne Gerade ist bei affinen Abbildungen eine Fixgerade (zum Beispiel bei Drehungen) oder gar eine Fixpunktgerade (zum Beispiel bei Translationen oder zentrischen Streckungen).
Eine Parabel ist eine an sich geschlossene Kurve, die mal kurz hinter den Kulissen die unendliche ferne Gerade kŸsst.
Literatur
DMK/DPK (1992): Deutschschweizerische Mathematikkommission / Deutschschweizerische Physikkommission: Formel und Tafeln. Mathematik – Physik. 5. Auflage. ZŸrich: Orell FŸssli. ISBN 3 280 02162 6.