Hans Walser, [20040324a], [20131230f]

Bodymassindex und das Christkind

Kurzfassung

ZunŠchst wird der Bodymassindex unter mathematischen Gesichtspunkten betrachtet; der Bodymassindex erweist sich als nicht Šhnlichkeitsinvariant. Bei konstantem oder annŠhernd konstantem Bodymassindex ergeben sich daher FormverŠnderungen wie bei der Entwicklung vom Kleinkind zum Erwachsenen. In der frŸhmittelalterlichen Kunst wurde das aber anders gesehen. Somit ergeben sich unterrichtliche Querbeziehungen zwischen Biologie, Kunst, Mathematik und Religionskunde.

1        Der Bodymassindex

Der Bodymassindex (BMI) wird aus dem Gewicht G [in Kilogramm] und der Grš§e h [in Metern] berechnet durch:

GemŠ§ WHO gilt ein Bodymassindex zwischen 20 und 25 als normal.

Aus zwei der drei Variablen G, h, BMI kann jeweils die dritte berechnet werden.

1.1      Beispiele

Aus G = 80 kg und h = 1.8 m ergibt sich .

Aus BMI = 25 und G = 90 kg ergibt sich .

Aus h = 1.6 m und BMI = 22 ergibt sich .

2        Kugeln und Menschen

2.1      Ma§stabgetreues Wachstum

Ein ma§stabgetreues oder kŸrzer ma§stŠbliches Modell hat dieselben Ma§verhŠltnisse wie das Original.

Ma§stŠbliche Modelle, Strichbreite nicht ma§stŠblich

Im Alltag gibt es da allerdings Schwierigkeiten: Ein Spielzeug-Auto im Ma§stab 1:100 eines Originals mit 0.8 mm Blechdicke hŠtte eine Blechdicke von 0.008 mm – ein derart filigranes Machwerk wŸrde wohl nicht lange halten. Vor allem Funktionsteile sind in Modellen in der Regel Ÿberproportional gro§. Selbst obige Figur ist fehlerhaft: Die Strichbreite ist nicht ma§stŠblich nachgefŸhrt worden.

Wir haben in der Schule gelernt und versuchen unseren SchŸlerinnen und SchŸlern in der Volumenberechnung (bei Jeremias Gotthelf, 1797-1854, hei§t das noch anwendungsbezogen Heustockrechnung) weiterzugeben: Wenn die LŠngen linear wachsen, wachsen die Volumina zur dritten Potenz. Bei der Annahme einer homogenen Massenverteilung bedeutet das, dass auch das Gewicht zur dritten Potenz wŠchst.

Wegen  wŠchst dann der Bodymassindex linear. Eine Kugel mit dreifachem Radius hat dreifachen Bodymassindex, obwohl sie dieselbe Form wie die Ausgangskugel hat. Der Bodymassindex ist also kein Šhnlichkeitsinvarianter Formparameter; er hŠngt wesentlich auch von der aktuellen Grš§e ab.

2.2      Wachstum mit konstantem Bodymassindex

Bei einem Wachstum mit konstantem Bodymassindex mŸssen die gro§en ãKugelnÒ relativ schlanker werden.

Konstanter Bodymassindex

Wir erhalten Rotationsellipsoide, der €quatorradius wŠchst nicht mehr linear, sondern nur noch wie die Quadratwurzel. 

Wenn wir umgekehrt von oben runter gehen, mŸssen die Rotationsellipsoide bei konstantem Bodymasssindex relativ dicker werden.

Konstanter Bodymassindex

2.3      Kinder und Jugendliche

Der Bodymassindex und die Grenzen fŸr ãNormalitŠtÒ gelten nur fŸr Erwachsene und dŸrfen nicht auf Heranwachsende Ÿbertragen werden.

Wie ist das beim Wachstum der Kinder und Jugendlichen?


Die Tabelle fŸr Kinder und Jugendliche bis zum 18. Altersjahr zeigt aber, dass der Bodymassindex beim Heranwachsen nicht allzu stark variiert (Gewichts- und Grš§enangaben aus [Brandt 1986] und [Brandt/Reinken 1988]). Jedenfalls haben wir keine lineare Zunahme wie bei den formgleichen Kugeln; in grober NŠherung ist der Bodymassindex konstant.

 

MŠdchen

 

Jungen

 

Jahre

Gewicht

[kg]

Grš§e

[m]

BMI

Gewicht

[kg]

Grš§e

[m]

BMI

0

4

0.52

14.79

4

0.52

14.79

1

9

0.75

16.00

10

0.78

16.44

2

12

0.87

15.85

12

0.89

15.15

3

14

0.96

15.19

15

0.98

15.62

4

16

1.04

14.79

17

1.05

15.42

5

18

1.11

14.61

18

1.13

14.10

6

21

1.17

15.34

21

1.19

14.83

7

23

1.24

14.96

24

1.25

15.36

8

26

1.31

15.15

26

1.31

15.15

9

28

1.37

14.92

28

1.36

15.14

10

32

1.43

15.65

32

1.41

16.10

11

36

1.49

16.22

36

1.46

16.89

12

42

1.54

17.71

40

1.52

17.31

13

46

1.59

18.20

45

1.58

18.03

14

51

1.63

19.20

53

1.66

19.23

15

53

1.65

19.47

57

1.72

19.27

16

55

1.67

19.72

62

1.76

20.02

17

57

1.68

20.20

64

1.78

20.20

18

58

1.68

20.55

66

1.80

20.37

Jugendliche

Somatogramm mit Bodymassindex

Es gibt keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Geschlechtern; im Somatogramm liegen die beiden Kurven fŸr den Bodymassindex praktisch aufeinander. (In einem Somatogramm werden Kšrpermerkmale wie Gewicht, Grš§e oder eben der Bodymassindex in AbhŠngigkeit des Lebensalters aufgetragen.)

 

3        Was hat das mit dem Christkind zu tun?

Gelegentlich wird in frŸhmittelalterlichen Darstellungen von Maria mit Kind der Knabe als kleiner Erwachsener, das hei§t in den Proportionen eines Erwachsenen dargestellt. Wie steht es in diesem Fall um den Bodymassindex?

Gehen wir dazu von einer Modellrechung aus:

Erwachsene Person, G = 61 kg, h = 1.65 m. Das ergibt BMI Å 22.41.

Bei proportionaler Reduktion auf einen Drittel muss das Gewicht auf  reduziert werden. Wir erhalten G Å 2.26 kg, h = 55 cm und BMI Å 7.47. Der BMI wird also auch auf einen Drittel reduziert und ist nur noch etwa halb so gro§ wie in der Tabelle. Das ãKindÒ ist krass untergewichtig. Der Leser oder die Leserin ist eingeladen, die eigenen Daten auf das Christkind zu reduzieren.

Konrad Witz, um 1400-1445: St. Christopher (Nachzeichnung)

…ffentliche Kunstsammlung Basel

Auch auf dem Bild von Konrad Witz: St. Christopher (wšrtlich: der ChristustrŠger) benimmt sich das Kind auf den Schultern des nachmaligen Patrons der Reisenden merkwŸrdig selbstŠndig. Die Legende will, dass sich dieses Kind fŸr Christopher dann immer schwerer anfŸhlte. In dieser mittelalterlichern Denkweise ist der Begriff Gewicht nicht auf naturwissenschaftliche Fakten reduziert.

Literatur

[Brandt 1986]             Brandt, Ingeborg: Human Growth. A Comprehensive Treatise. 2. Ed. Vol. 1, Hrsg. F. Falkner und J. M. Tanner. New York, Plenum Press 1986

[Brandt/Reinken 1988] Brandt,Ingeborg / Lothar Reinken: Diagramme: Wachstums- und Gewichtskurven in Perzentilen. Klin. pŠdiat. 200, 451-456; 1988