Hans Walser, [20100101b]

Dreieck im Raster

1        Worum es geht

Ist das Dreieck ABC gleichseitig?

Gleichseitiges Dreieck?

Leider nein. FŸr die SeitenlŠngen erhalten wir nŠmlich:

Die Frage ist, ob es in einem Quadratraster ein gleichseitiges Dreieck geben kann, dessen drei Ecken Rasterpunkte sind. Auch das geht nicht.

 

 

Es kann im Quadratraster kein gleichseitiges Dreieck geben, dessen drei Ecken Rasterpunkte sind.

 

 

Warum ist das so? — Beweise folgen.


2        Quadrate im Quadratraster

Zwei Rasterpunkte A und B lassen sich immer durch Rasterpunkte C und D zu einem in der Regel ãschrŠgenÒ Quadrat ergŠnzen.

SchrŠges Quadrat im Raster

Beweis: Der Vektor  hat ganzzahlige Komponenten:

Mit dem Vektor  kommen wir von B nach C und mit dem Vektor  von C nach D.

Es ist nicht immer einfach, die ãschrŠgenÒ Quadrate zu erkennen.

2.1      Wie viele Quadrate sehen wir?

Wie viele Quadrate sind im Quadratraster erkennbar?

Wie viele Quadrate hat es im Raster?


Es gibt insgesamt 6 Lšsungen:

6 Lšsungen

2.2      Wie viele Quadrate sehen wir?

Wie viele Quadrate sind im folgenden Quadratraster erkennbar?

Wie viele Quadrate hat es im Raster?

Ich komme auf  Lšsungen. Die beiden interessantesten Lšsungen sind schrŠg.

SchrŠge Lšsungen


3        Kein gleichseitiges Dreieck

Wir wollen nun beweisen, dass es im Quadratraster kein gleichseitiges Rasterdreieck geben kann.

3.1      Vektorieller Beweis

Wir versuchen, zwei Rasterpunkte A und B zu einem gleichseitigen Dreieck ABC zu ergŠnzen.

Der Vektor  hat ganzzahlige Komponenten:

Der Vektor  ist der um 120¡ gedrehte Vektor , also:

Wegen der IrrationalitŠt von  kšnnen nicht beide Komponenten von  ganzzahlig sein. Der Punkt C ist kein Rasterpunkt.

3.2      Beweis mit reductio ad absurdum

Wir nehmen an, es gŠbe ein gleichseitiges Rasterdreieck und fŸhren diese Annahme zu einem Widerspruch.

ZunŠchst kšnnen wir das gleichseitige Rasterdreieck durch Verschieben gemŠ§ den angegebenen Seitenvektoren zu einem regelmŠ§igen Sechseck ergŠnzen. Da die Translationsvektoren gemŠ§ Annahme ganzzahlige Komponenten haben, ist das regelmŠ§ige Sechseck ein Rastersechseck. Durch Ansetzen von Quadraten erhalten wir schlie§lich ein regelmŠ§iges Rasterzwšlfeck.

Vom Dreieck zum Zwšlfeck

Und nun kommt die eigentliche reductio ad absurdum: Wir setzen die Seitenvektoren des Zwšlfeckes neu in der Reihenfolge 1, 6, 11, 4, 9, 2, 7, 12, 5, 10, 3, 8 zusammen. Wir nehmen also jeweils jeden fŸnften Vektor in zyklischer Reihenfolge. So ergibt sich ein Stern, dessen zwšlf Spitzen ebenfalls Rasterpunkte sind. Diese Spitzen liefern ein neues regelmŠ§iges Rasterzwšlfeck, das viel kleiner ist als das Ausgangszwšlfeck. Der Reduktionsfaktor ist .

Umbau des Zwšlfeckes

Nun kšnnen wir das kleine Zwšlfeck mit demselben Verfahren wieder um diesen Faktor reduzieren und erhalten ein noch kleineres. Und so weiter und so fort. Schlie§lich wird das Zwšlfeck so klein, dass es durch die Maschen des Quadratrasters fŠllt. Dies steht im Widerspruch dazu, dass die Ecken all dieser Zwšlfecke Rasterpunkte sind. Daher kann das erste Zwšlfeck kein Rasterzwšlfeck sein, und das Sechseck kann auch kein Rastersechseck sein und das gleichseitige Dreieck ebenfalls nicht im Raster liegen.

3.3      Eine logische und eine historische Anmerkung

Wenn wir mit dem zweiten Beweis, also der reductio ad absurdum, beginnen, kšnnen wir mit den Rechnungen des ersten Beweises folgern, dass  eine irrationale Zahl ist.

Mit demselben Verfahren der reductio ad absurdum kšnnen wir zeigen, dass es im Quadratraster kein regelmŠ§iges RasterfŸnfeck geben kann. Daraus wiederum folgt, dass im regelmŠ§igen FŸnfeck das VerhŠltnis zwischen SeitenlŠnge und DiagonalenlŠnge, also der goldene Schnitt, irrational ist. Dies wurde von Hippasos von Metapont im 2. Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. entdeckt. Nun war aber Hippasos Mitglied der Schule der Pythagoreer, welche die Lehrmeinung vertraten, alles sei durch VerhŠltnisse von ganzen Zahlen, also durch rationale Zahlen darstellbar. Irrationale Zahlen waren in diesem Lehrplan nicht vorgesehen. Die Legende will, dass Hippasos wegen seiner ketzerischen Entdeckung der irrationalen Zahlen anlŠsslich einer Schifffahrt Ÿber Bord gekippt wurde. So kann es gehen, wenn man den Lehrplan ignoriert.