Hans Walser, [20161206]

Fibonacci-Fraktal

Anregung: Heinz Klaus Strick, Leverkusen

1     Worum geht es?

Es wird eine fraktale Figur gezeigt, in der die Fibonacci-Zahlen sichtbar werden.

2     Das Fraktal

Wir starten mit einem beliebigen Dreieck (Abb. 1, gro§es Dreieck unten). Ferner wŠhlen wir einen beliebigen LŠngenverkleinerungsfaktor k mit 0 < k < 1.

Nun setzen wir an einer Dreiecksecke (in Abb. 1 links oben) eine mit dem Faktor k verkleinerte Kopie an, an einer zweiten Dreiecksecke (in Abb. 1 rechts oben) eine mit dem Faktor k2 verkleinerte Kopie. Die Abbildung 1 zeigt die Situation fŸr k = 0.55 = 55%.

Abb. 1: Startdreieck und erster Schritt

An die beiden kleinen Dreiecke setzen wir wiederum je links oben eine um k und rechts oben eine um k2 verkleinerte Kopie des jeweiligen Dreiecks an (Abb. 2).

Abb. 2: Zweiter Schritt

Man beachte, dass das Dreieck der zweiten Generation rechts auf dem Dreieck der ersten Generation links gleich gro§ ist wie das Dreieck der zweiten Generation links auf dem Dreieck der ersten Generation rechts. Dies, weil .

Ebenso ist das Dreieck der zweiten Generation links auf dem Dreieck der ersten Generation links gleich gro§ wie das Dreieck der ersten Generation rechts. Dies, weil .

Die Abbildung 3 zeigt die Situation nach dem dritten Schritt. Die Leserin ist eingeladen, Dreiecke gleicher Grš§e zu sortieren.

 

Abb. 3: Dritter Schritt

Die Abbildung 4 zeigt das fertige Fraktal.

Abb. 4: Fraktal

3     Die Fibonacci-Zahlen

Wir haben schon festgestellt, dass es in unserer Figur gleich gro§e Dreiecke gibt.

In der Abbildung 5 sind gleich gro§e Dreiecke (soweit erkennbar) mit gleicher Farbe eingefŠrbt.

Abb. 5: Gleiche Grš§e in gleicher Farbe

Es ist (Tab. 1):

 

Farbe

Faktor

Anzahl

rot

1 = k0

1

dunkelgrŸn

k = k1

1

blau

k2

2

cyan

k3

3

magenta

k4

5

gold

k5

8

braun

k6

13

lila

k7

21

Tab. 1: Farbe und Anzahl

Die Anzahl der Dreiecke mit dem Verkleinerungsfaktor kn ist die Fibonacci-Zahl Fn+1.

Etwas unschšn ist der Versatz zwischen dem Exponenten von k und dem Index der Fibonacci-Zahl. Das liegt an der traditionellen Nummerierung der Fibonacci-Zahlen.

4     Beweis

Schauen wir exemplarisch, wo die 8 goldenen Dreiecke sitzen. Sie sitzen entweder links genau auf einem der 5 magenta Dreiecke oder rechts genau auf einem der 3 cyan Dreiecke. Umgekehrt sitzt auf jedem der 5 magenta Dreiecke links ein goldenes Dreieck und auf jedem der 3 cyan Dreiecke rechts ein goldenes Dreieck. Dies ergibt sich aus den Verkleinerungsfaktoren, welche Potenzen von k sind.

Entsprechendes gilt fŸr alle Farben. Damit erhalten wir die Fibonacci-Rekursion.

5     Verkleinerungsfaktor

Der Verkleinerungsfaktor k ist irrelevant fŸr die jeweiligen Anzahlen gleich gro§er Dreiecke.

Die Abbildung 6 zeigt die Situation fŸr k = 0.6 = 60%. Die €ste kommen sich nŠher.

Abb. 6: Verkleinerungsfaktor 60%

Genau fŸr  (Kehrwert des Goldenen Schnittes) haben wir eine infinitesimale BerŸhrung der €ste (Abb. 7). Der Beweis dazu wird im Abschnitt Ÿber den Goldenen Schnitt nachgereicht.

Abb. 7: Infinitesimale BerŸhrung beim Goldenen Schnitt

Im Beispiel der Abbildung 7 kšnnen wir auch die wei§en Loch-Dreiecke der Grš§e nach sortieren und auszŠhlen. Wir erhalten ebenfalls die Fibonacci-Zahlen. Das ist trivial, weil zu jedem roten Dreieck ein punktgespiegeltes wei§es Dreieck gehšrt.

Bei noch grš§eren Verkleinerungsfaktoren erhalten wir †berlappungen. Die Abbildung 8 zeigt die Situation fŸr k = 0.7 = 70%. Die †berlappung beginnt bei der dritten Generation.

Abb. 8: †berlappung

6     FlŠchenberechnung

FŸr nicht Ÿberlappende Beispiele, also fŸr k mit  kann der FlŠcheninhalt a der Gesamtfigur bestimmt werden wie folgt. Wir zerlegen die Gesamtfigur in drei Teile. Der erste Teil ist das Ausgangsdreieck, dem wir den FlŠcheninhalt 1 zuordnen. Der zweite Teil ist der (zur Gesamtfigur Šhnliche) Ast links. Wegen dem LŠngenverkleinerungsfaktor k zur Gesamtfigur hat er den FlŠcheninhalt ak2. Schlie§lich als dritten Teil den Ast rechts mit dem FlŠcheninhalt a(k2)2 = ak4. Somit erhalten wir:

 

                                                                                                             (1)

 

Daraus ergibt sich:

 

                                                                                                                     (2)

 

7     Der Goldene Schnitt

FŸr den Goldenen Schnitt verwenden wir die Bezeichnung:

 

                                                                                                                         (3)

 

In der Abbildung 9 wird mit  gearbeitet. Das Startdreieck ist gleichseitig. Wir setzen die SeitenlŠnge des Startdreieckes 1.

Abb. 9: Goldener Schnitt und gleichseitiges Startdreieck

Nun berechnen wir auf der rechten Seite des linken Astes die LŠnge l. Es ist:

 

            (4)

 

 

FŸr die linke Seite des rechten Astes finden wir entsprechend die LŠnge r:

 

                                                         (5)

 

 

Das wei§e Loch oberhalb des roten Startdreieckes ist also tatsŠchlich ein gleichseitiges Dreieck ebenfalls der SeitenlŠnge 1. Damit ist die infinitesimale BerŸhrung fŸr den Fall der Abbildung 9 nachgewiesen. Da alle relevanten Begriffe in unseren Figuren affin invariant sind, gilt die infinitesimale BerŸhrung auch im allgemeinen Fall (Abb. 7).

Da nun zu jedem roten Dreieck ein kongruentes wei§es Dreieck gehšrt, ist der rote FlŠchenanteil an der Gesamtfigur genau die HŠlfte.

In der Abbildung 10 ist die Gesamtfigur affin auf ein gleichseitiges Dreieck transformiert.

Abb. 10: Gleichseitige Gesamtfigur

Das Startdreieck hat einen Eckpunkt mit dem Winkel 60¡ in der unteren Ecke der Gesamtfigur. Die beiden anderen Eckpunkte unterteilen zwei Seiten der Gesamtfigur im VerhŠltnis des Goldenen Schnittes.

Die roten Dreiecke gleicher Grš§e liegen nun je auf einer horizontalen Linie (Abb. 11).

Abb. 11: Horizontale Ausrichtung kongruenter Dreiecke

In der Abbildung 12 sind die Dreiecke gleicher Grš§e in gleicher Farbe markiert.

Abb. 12: Gleiche Grš§e in gleicher Farbe

Die Abbildung 13 zeigt eine hexagonale Anordnung.

Abb. 13: Hexagon

8     Fraktale zweiten und hšheren Grades

Das rote Startdreieck der Abbildung 10 entspricht bis auf Spiegelung dem fraktalen Umrissdreieck der Abbildung 9.

Daher kšnnen wir mit diesem fraktalen Umrissdreieck der Abbildung 9 als Startdreieck ein neues Fraktal bauen (Abb. 14). Das fŸhrt zu einem Fraktal zweiten Grades.

Bei Verwendung von Vektorgrafik ist das ein Speicherproblem. Der Autor hat sich so beholfen, dass er Zwischenfiguren horribile dictu als pdf abgespeichert und neu in den grafischen Prozess eingeschleust hat.

In der Abbildung 14 ist der FlŠchenanteil der massiv roten gleichseitigen Dreiecke an der GesamtflŠche noch ein Viertel.

Abb. 14: Fraktal zweiten Grades

Nun kann man vor dem FrŸhstŸck so weiterfahren. Die Abbildung 15 zeigt das entsprechende Fraktal dritten Grades. Der Rot-Anteil ist ein Achtel.

Abb. 15: Fraktal dritten Grades

Die Abbildung 16 schlie§lich zeigt das entsprechende Fraktal vierten Grades. Der Rot-Anteil ist ein Sechzehntel.

Abb. 16: Fraktal vierten Grades

 

Literatur

Walser, Hans (2012): Fibonacci. Zahlen und Figuren. Leipzig, EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-60-8.

Walser, Hans (2013): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig. ISBN 978-3-937219-85-1.