Hans Walser, [20090625c]

Fibonacci-Trapeze

Anregung: [Deshpande 2009]

1        Hexagon mit angesetzten Quadraten

1.1      Basisfigur

Wir basieren unsere Überlegungen auf folgender Figur. Einem zentralen Hexagon werden Quadrate angesetzt.

Hexagon mit aufgesetzten Quadraten

Die Trapeze sind offensichtlich gleichschenklig und haben die Basiswinkel 60°. Sind sie auch ähnlich?

1.2      Analyse der Trapeze

Wir interpretieren das grüne Dreieck mit etwas Gewalt als Trapez. Es hat die Unterkante 1, die Schenkel 1 und die Oberkante 0.

Bei den Trapezen bezeichnen wir die längere Parallelseite als Unterkante, die kürzere als Oberkante. Wir können die Trapeze maßgetreu in einen Dreiecksraster einzeichnen.

Trapeze im Dreiecksraster

Die Trapeze sind offensichtlich nicht ähnlich.


Es gilt:

Ring Nr.

Farbe

Oberkante

Schenkel

Unterkante

0

grün

0

1

1

1

blau

1

1

2

2

orange

1

2

3

3

magenta

2

3

5

4

gelb

3

5

8

Das riecht nach Fibonacci.

Die Trapeze im Ring Nr. n haben die Oberkante , die Schenkel  und die Unterkante .

1.3      Induktionsbeweis

Aussage für  (blaue Trapeze) richtig.

Aussage sei richtig bis und mit Ring Nr. n (Beweisfigur, äußerer hellgrüner Ring).

Beweisfigur

Ein Trapez im Ring Nr.  hat dann die Oberkante  (Quadrat der Seitenlänge ) und die Schenkel  (Quadrate der Seitenlänge ). Für die Unterkante zerlegen wir gemäß Figur in ein Parallelogramm und ein Dreieck.

Zerlegung

Die Unterkante hat also die Länge .

1.4      Goldenes Trapez

Wenn wir die Konstruktion nach außen weiterführen, nehmen die Trapeze immer mehr die Form an eines Trapezes mit der Oberkante , der Schenkel 1 und der Unterkante . Dabei ist  und  (goldener Schnitt). Dieses Trapez nennen wir daher das goldene Trapez. Die Basiswinkel des goldenen Trapezes sind 60°.

Goldenes Trapez

Das goldene Trapez hat eine bemerkenswerte Eigenschaft: Seine Diagonale hat exakt die Länge . Das kann mit dem Kosinussatz nachgewiesen werden.

Wir können also sechs goldene Trapeze im Wechsel mit sechs Einheitsquadraten zu einem Ring zusammenfügen, wobei alle Diagonalen gleich lang sind.

Ring mit gleich langen Diagonalen

In den Fibonacci-Trapezen ist die Diagonale natürlich nur näherungsweise das  der Schenkellänge. Im Trapez  hat die Diagonale  die Länge:

Somit ist:

Direkter Beweis:

Tabelle:

      q[1] =    1.322875656

      q[2] =    1.452966315

      q[3] =    1.4

      q[4] =    1.419727086

      q[5] =    1.412119981

      q[6] =    1.415015044

      q[7] =    1.413907687

      q[8] =    1.414330435

      q[9] =    1.414168927

      q[10] =   1.414230612

      q[11] =   1.41420705

      q[12] =   1.41421605

      q[13] =   1.414212612

      q[14] =   1.414213925

      q[15] =   1.414213424

      q[16] =   1.414213615

      q[17] =   1.414213542

      q[18] =   1.41421357

      q[19] =   1.414213559

      q[20] =   1.414213564

      q[21] =   1.414213562

      q[22] =   1.414213563

      q[23] =   1.414213562

      q[24] =   1.414213562

Bemerkenswert ist das schöne rationale Zwischenresultat .

1.5      Eine Spirale

Wir können die Trapeze im Dreiecksraster zu einer Spirale zusammenfügen.

    

Spirale aus Fibonacci-Trapezen

Die Eckpunkte liegen im Grenzfall auf einer logarithmischen Spirale. Rechts sind die Trapeze von 0 bis 29 gezeichnet.

1.6      Flächeninhalt

Das Trapez  im ring Nr. n hat den Flächeninhalt:

Insbesondere hat das grüne Dreieck, also , den Flächeninhalt . Wir nehmen diesen Flächeninhalt als Vergleichsmaß und erhalten so für das Trapez  den relativen Flächeninhalt:

Tabellarisch sieht das so aus:

  psi(t[0])     = 1

  psi(t[1])     = 3

  psi(t[2])     = 8

  psi(t[3])     = 21

  psi(t[4])     = 55

  psi(t[5])     = 144

  psi(t[6])     = 377

  psi(t[7])     = 987

  psi(t[8])     = 2584

  psi(t[9])     = 6765

  psi(t[10])    = 17711

Zum Vergleich:

  f[2*(0+1)]    = 1

  f[2*(1+1)]    = 3

  f[2*(2+1)]    = 8

  f[2*(3+1)]    = 21

  f[2*(4+1)]    = 55

  f[2*(5+1)]    = 144

  f[2*(6+1)]    = 377

  f[2*(7+1)]    = 987

  f[2*(8+1)]    = 2584

  f[2*(9+1)]    = 6765

  f[2*(10+1)]   = 17711

Offenbar gilt die Identität:

Der Beweis geht über die Formel von Binet.

2        Andere Vielecke im Zentrum

2.1      Dreieck im Zentrum

2.1.1     Reguläres Dreieck im Zentrum

Reguläres Dreieck im Zentrum

Die gleichschenkligen Trapeze haben nun Basiswinkel 30°. Es gilt:

Ring Nr.
n

Farbe

Oberkante

Schenkel

Unterkante

Relative Fläche

0

grün

0

1

1 (Einheit)

1

blau

1

4

5

2

orange

4

24

3

magenta

4

19

115

4

gelb

19

551

Es gilt die Rekursion:

Weiter ist:

Es gilt die Rekursion:

Die Spirale wächst happig:

Spirale

2.1.2     Beliebiges Dreieck im Zentrum

Beliebiges Dreieck im Zentrum

Wir haben immer noch Trapeze, aber keine gleichschenkligen mehr. Das Experiment (Cabri) zeigt, dass die Flächenrelationen noch stimmen:

Ring Nr. n

Farbe

Relative Fläche

0

grün

1 (Einheit)

1

blau

5

2

orange

24

3

magenta

115

4

gelb

551

Für den Fall  gibt [Deshpande 2009] einen proof without words. Für den allgemeinen Fall habe ich keinen Beweis.

Spiralen gibt es auch hier, sogar drei Stück. Wir wählen aus der Figur eine geeignete Folge von Trapezen aus (geht auf drei Arten), die wir dann „einrollen“.

Auswahl von Trapezen

Spirale

2.2      Viereck im Zentrum

2.2.1     Quadrat im Zentrum

Quadrat im Zentrum

Die gleichschenkligen Trapeze haben nun Basiswinkel 45°. Es gilt:

Ring Nr.
n

Farbe

Oberkante

Schenkel

Unterkante

Relative Fläche

0

grün

0

1

1 (Einheit)

1

blau

1

3

4

2

orange

3

15

3

magenta

3

11

56

4

gelb

11

209

Es gilt die Rekursion:

Weiter ist:

Es gilt die Rekursion:

Die Spirale wächst:

Spirale

2.2.2     Parallelogramm im Zentrum

Parallelogramm im Zentrum

Mit einem Parallelogramm geht es aber.

Ring Nr.
n

Farbe

Relative Fläche

0

grün

1 (Einheit)

1

blau

4

2

orange

15

3

magenta

56

4

gelb

209

Beweis?

Mit einem allgemeinen Viereck im Zentrum geht es nicht; die Trapeze in einem Ring sind nicht mehr flächengleich. Das Dreieck ist ein Sonderfall.

Vermutlich funktioniert es allgemein für affinreguläre Vielecke.

Literatur

[Deshpande 2009]      Deshpande, M. N. : Proof Without Words: Beyond Extriangles. MATHEMATICS MAGAZINE. Vol. 82, No. 3, June 2009, p. 208.