Hans Walser, [20221103]

Goldener Schnitt

Idee und Anregung: Maik Rentsch

1     Worum geht es?

Im Kontext eines Theorems von Stanley Rabinowitz erscheint der Goldene Schnitt

2     Das Theorem von Rabinowitz

Wir zeichnen zwei Kreise, die sich von innen berühren (Abb. 1). Auf dem äußeren Kreis wählen wir einen beliebigen Punkt und zeichnen von diesem Punkt einerseits die Sehne zum Berührungspunkt der beiden Kreise und andererseits einen Tangentenabschnitt zum inneren Kreis.

Das Längenverhältnis Sehne / Tangentenabschnitt ist unabhängig von der Wahl des Punktes auf dem äußeren Kreis.

 

Abb. 1: Theorem von Rabinowitz

Die Abbildung 2 illustriert den Sachverhalt. Die einzelnen Streckenlängen variieren, ihr Verhältnis bleibt invariant.

Abb. 2: Animation

3     Beweis

Wir arbeiten mit den Bezeichnungen der Abbildung 3. Der äußere Kreis sei der Einheitskreis mit dem Zentrum A im Ursprung. Der innere Kreis hat den Radius r und das Zentrum C( 1–r, 0). Der Berührungspunkt B der beiden Kreise hat die Koordinaten B(1, 0).

Gesucht ist das Verhältnis c / d.

Abb. 3: Maße und Bezeichnungen

Aus Symmetriegründen können wir uns auf die obere Hälfte beschränken. Der Punkt P habe die Koordinaten P(x, √(1–x2)).

Für die Sehnenlänge c erhalten wir:

 

(1)  c2 = (1 – x)2 + (√(1–x2))2 = 1 – 2x + x2 + 1 – x2 = 2 – 2x = 2(1 – x)

 

Für die Strecke b ergibt sich:

 

(2)  b2 = (1 – r – x)2 + (√(1–x2))2 = 1 + r2 + x2 – 2r – 2x + 2rx + 1 – x2 = 2 + r2 – 2r – 2x + 2rx

 

Damit erhalten wir für den Tangentenabschnitt d:

 

(3)  d2 = b2r2 = 2 + r2 – 2r – 2x + 2rxr2 = 2 – 2r – 2x + 2rx = 2(1 – x)(1 – r)

 

Für das gesuchte Verhältnis c / d ergibt sich aus (1) und (3):

 

(4)  c2 / d2 = (2(1 – x)) / (2(1 – x)(1 – r)) = 1 / (1 – r)

 

(5)  c / d = 1 / √(1 – r)

 

Das Verhältnis ist nur vom Radius r des inneren Kreises abhängig und damit invariant bei Verdrehungen des Punktes P auf dem äußeren Kreis. Dies war zu beweisen.

4     Sonderfall

Wir fragen nun, für welchen Radius r des inneren Kreisen die beiden kleinen rot / blauen Strecken (Abb. 4) im selben Verhältnis stehen wie die großen.

Abb. 4: Zusatzbedingung

Die Bedingung dazu ist:

 

(6)  c / d = r / (1 – r)

 

Aus (5) erhalten wir:

 

(7)  1 / √(1 – r) = r / (1 – r)

 

Dies lässt sich umformen zur quadratischen Gleichung:

 

(8)  r2 + r – 1 = 0

 

Die positive Lösung ist:

 

(9)  r = (– 1 + √5)/2 ≈ 0.618

 

Dies ist der Kehrwert des Goldenen Schnittes Φ = (1 + √5)/2 ≈ 1.618.

Für das Verhältnis c / d ergibt sich damit der Goldene Schnitt (Abb. 5):

 

(10)                 c / d = (1 + √5)/2 = Φ ≈ 1.618

 

Abb. 5: Der Goldene Schnitt

 

 

Weblinks

Stanley Rabinowitz

https://www.facebook.com/photo/?fbid=10226207027394126&set=gm.5601587829954877&idorvanity=1019808738132832

 

 

Literatur

Walser, Hans (2013): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-85-1.