Hans Walser, [20170911]

Hamiltonkreis im GitterwŸrfel

Anregung: Heinz Schumann, Weingarten

1     Fragestellung

Die Abbildung 1a zeigt einen 2×2×2-GitterwŸrfel (wir zŠhlen die Gitterpunkte, nicht die SeitenlŠngen (ãZaunpfahl-ProblemÒ)) mit einem roten Hamiltonkreis. Dies ist ein geschlossener Weg auf den schwarzen Kanten, der jeden Gitterpunkt genau einmal trifft.

Gibt es einen Hamiltonkreis auf dem 3×3×3-GitterwŸrfel der Abbildung 1b? Die Leserin ist eingeladen, bei der Abbildung 1b einige Versuche zu machen.

Abb. 1: Fragestellung

Die Abbildung 2 zeigt einen Hamiltonkeis auf einem 4×4×4-GitterwŸrfel. Die Leserin ist eingeladen, haptisch nachzuprŸfen.

Abb. 2: Hamiltonkreis

2     Eine ParitŠtsfrage

Bei Versuchen, in den GitterwŸrfel der Abbildung 1b einen Hamiltonkreis einzuzeichnen, stellen wir fest, dass es immer bis auf einen Gitterpunkt geht. Das lŠsst vermuten, dass wir es mit einem ParitŠtsproblem zu tun haben.

TatsŠchlich werden wir sehen:

Mit einer geraden Zahl g gibt es im g×g×g-GitterwŸrfel immer einen Hamiltonkreis.
Mit einer ungeraden Zahl u gibt es im u×u×u-GitterwŸrfel keinen Hamiltonkreis.

3     Dimensionsfrage

Die Abbildung 3 zeigt das Analogon zur Abbildung 1 in der Ebene.

Abb. 3: Analogon in der Ebene

Im 2×2-Gitterquadrat haben wir einen Hamiltonkreis (Abb. 3a), im 3×3-Gitterquadrat (Abb. 3b) gibt es keinen. Es bleibt immer ein Gitterpunkt Ÿbrig.

Die Abbildung 4 zeigt ein 4×4-Gitterquadrat mit Hamiltonkreis.

Abb. 4: Gitterquadrat mit Hamiltonkreis

Wir kšnnen unsere Vermutungen verallgemeinern:

In der Dimension 1 gibt es keine Hamiltonkreise.

In den Dimensionen n >1 gilt:

Mit einer geraden Zahl g gibt es im gn-Gitter-n-HyperwŸrfel immer einen Hamiltonkreis.
Mit einer ungeraden Zahl u gibt es im un-Gitter-n-HyperwŸrfel keinen Hamiltonkreis.

4     Ausschluss der ungeraden

Mit einer ungeraden Zahl u ist auch un eine ungerade Zahl. Der un-Gitter-n-HyperwŸrfel hat also eine ungerade Anzahl von Gitterpunkten. Wir fŠrben nun die Gitterpunkte abwechslungsweise rot und blau (Abb. 5).

Das geht in beliebigen Dimensionen, da die Gitterpunkte und Kanten eines Gitter-n-HyperwŸrfel einen paaren oder bipartiten Graphen bilden. Um dies einzusehen, verwenden wir kartesische Koordinaten  fŸr die Gitterpunkte. Die Koordinatenachsen seien parallel zu den Gitterlinien und die Einheit die Maschenbreite des Gitters. Der Ursprung sei eine Ecke des GitterwŸrfels. Die Koordinaten der Gitterpunkte im GitterwŸrfel sind also nichtnegative ganze Zahlen in .

Die Summen  sind entweder gerade oder ungerade. Das gibt eine Klasseneinteilung der Punkte. Wir fŠrben die Punkte entsprechend rot oder blau. Zwei durch eine Kante verbundene Punkte haben verschiedene Farben, weil sie sich in genau einer Koordinate um 1 unterscheiden.

Da die Gesamtzahl der Gitterpunkte ungerade ist, kann die Anzahl der blauen Gitterpunkte nicht gleich der Anzahl der roten Gitterpunkte sein.

Abb. 5: Rot-blau-FŠrbung

Ein Hamiltonkreis durchlŠuft abwechslungsweise rote und blaue Punkt. Er ist also eine geschlossene Perlenkette mit abwechslungsweise roten und blauen Perlen. Daher hat es gleich viele rote wie blaue Perlen. Widerspruch.

5     Einschluss der geraden

FŸr eine beliebige (particular but not special) gerade Zahl g geben wir konstruktiv eine Lšsung mit Induktion Ÿber die Dimension n.

FŸr n = 2 haben wir die ãHeizschlangenÒ-Lšsung (Abb. 6 fŸr g = 10).

Abb. 6: Heizschlangen

FŸr den Schritt in die Dimension n = 3 arbeiten wir mit g ebenen Heizschlangen, die an einer Ecke etwas gešffnet sind. Und zwar nehmen wir 2 gešffnete ebene Heizschlangen vom Typ der Abbildung 7a und  gešffnete ebene Heizschlangen vom Typ der Abbildung 7b.

Abb.7: Gešffnete Heizschlangen

Nun stapeln wir diese g ebenen Heizschlangen senkrecht, also im Sinne der neuen, dritten, Dimension, aufeinander. Zuunterst und zuoberst je ein Exemplar der Abbildung 7a, dazwischen die anderen. Die unterste und die oberste Lage verbinden wir mit einer durchgehenden senkrechten Steigleitung an den Šu§ersten Ecken. Diese trifft auch alle freistehenden Gitterpunkte der Heizschlangen der Abbildung 7b. Und nun verbinden wir abwechslungsweise hinter und neben dieser durchgehenden Steigleitung je zwei der ebenen Heizschlangen mit einer Steigleitung der Hšhe 1. Das Verfahren ist bereits in der Abbildung 2 (fŸr g = 4) illustriert.

FŸr den Schritt von der Dimension  auf die Dimension n arbeiten wir mit g Lšsungen fŸr die Dimension . Wir wŠhlen je eine Ecke und entfernen dort bei zwei Lšsungen eine der beiden zum Hamiltonkreis gehšrenden roten Kanten und bei den restlichen Lšsungen beide zum Hamiltonkreis gehšrenden roten Kanten, analog zur Abbildung 7. Dann schichten wir die Lšsungen senkrecht im Sinne der n-ten Dimension so aufeinander, dass die bearbeiteten Ecken Ÿbereinander liegen, die schwarzen Kanten mit den nun fehlenden zum Hamiltonkreis gehšrenden roten Kanten parallel sind und zudem zuunterst und zuoberst die beiden SonderfŠlle liegen. Dann verbinden wir unten und oben mit einer durchgehenden Steigleitung und die anderen Schichten mit Steigleitungen der Hšhe 1. So erhalten wir eine Lšsung fŸr die Dimension n.

6     Varianten

Es gibt auch andere Lšsungen. Die Abbildungen 8a bis 8c zeigen Varianten zur Lšsung der Abbildung 2. Eine ist allerdings falsch. Welche?

Abb. 8a: Variante

Abb. 8b: Variante

Abb. 8c: Variante

Die Abbildung 9a zeigt eine Lšsung fŸr g = 2 und die Dimension n = 4 nach dem oben beschriebenen Induktionsschritt.

Abb. 9a: Vierdimensionaler HypergitterwŸrfel mit Hamiltonkreis

Die Abbildung 9b zeigt eine Variante. Die Frage ist, ob es sich wirklich um eine Variante handelt oder nur um eine andere Sicht.

Abb. 9b: Variante

Die Anzahl der Lšsungen zu gegebenem g und gegebener Dimension n ist mir nicht bekannt. Ein schšnes kombinatorisches Problem.