Hans Walser, [20150413]
Parabelzirkel
Anregung: Chr. H., M. und H. H., W.
Unter einem Parabelzirkel verstehe ich ein mechanisches GerŠt, welches das Zeichnen einer Parabel erlaubt. Es gibt viele Beispiele dazu. Die Beispiele lassen sich in der Regel mit dynamischer Geometrie Software modellieren.
Im Folgenden werden einige mir bisher nicht bekannte Beispiele vorgestellt.
In einem kartesischen Koordinatensystem zeichnen wir die Gerade a: x = 1 und zu einem beliebigen Parameterwert t die Gerade b: x = t (Abb. 1). Weiter zeichnen wir die Gerade c: y = t – x.
Abb. 1: Die beiden ersten Schritte
Nun zeichnen wir die Gerade d: y = t und die Gerade e: y = tx (Abb. 2).
Abb. 2: Dritter und vierter Schritt
Der Schnittpunkt S von b mit e beschreibt die Parabel p (Abb. 3).
Abb. 3: Parabel
Rechnerisch
ist die Sache einfach: Der Schnittpunkt S
von b: x = t und e: y
= tx hat die Koordinaten , liegt also auf der schulischen Standardparabel
.
Wir beginnen mit einem Parallelogramm ABCD und einem Punkt E (Abb. 4).
Abb. 4: Startsituation
Nun wŠhlen wir auf der Seite AB einen beliebigen Punkt P und zeichnen durch diesen Punkt P eine Parallele zur Seite BC. Diese Parallele schneiden wir mit der Diagonalen AC (Schnittpunkt F). Durch F zeichnen wir eine Parallele zur Seite AB und schneiden diese Parallele mit der Seite AD (Schnittpunkt G). Der Schnittpunkt S der Geraden PF und EG beschreibt die Parabel (Abb. 5). Die Symmetrieachse der Parabel ist parallel zur Seite BC.
Abb. 5: Parabel
Das Verfahren ist im Prinzip eine Verallgemeinerung des einfachen Beispiels oben.
Dieses Verfahren ist sehr einfach zu beschreiben.
Wir beginnen mit einem beliebigen Viereck ABCD, welches kein Parallelogramm ist, und unterteilen die Seiten AB und DC im gleichen VerhŠltnis (Teilpunkte P und Q). Nun unterteilen wir noch die Strecke PQ in diesem VerhŠltnis (Teilpunkt S). Der Punkt S beschreibt die Parabel (Abb. 6).
Abb. 6: Beliebiges Viereck
Die zeichnerisch/technische Durchfźhrung gibt mit dem †bertragen der TeilverhŠltnisse einiges zu tun, ist aber elementar.
Im Sonderfall eines Parallelogramms ABCD liefert die Konstruktion die Diagonale AC.
Wir
bezeichnen mit den
Ortsvektor des Punktes X. Den Punkt A setzen wir in den Ursprung, also
. Das mehrfach vorkommende TeilverhŠltnis bezeichnen
wir mit t. Mit diesen Bezeichnungen
ist:
Einsetzen liefert:
Mit den
Bezeichnungen und
erhalten
wir:
Im
Koordinatensystem mit den Einheitsvektoren und
ist dies
die Standardparabel, in der ursprźnglichen Situation also das affin verzerrte
Bild der Standardparabel. Da eine affine Abbildung parabeltreu ist, haben wir
auch in der ursprźnglichen Situation eine Parabel. Die Abbildung 7 zeigt die
Situation der Vektoren
und
.
Abb. 7: Die beiden Vektoren
Der
Vektor gibt die
Abweichung des Viereckes vom Parallelogramm. Fźr
, also den Fall eines Parallelogramms, ergibt sich die
Diagonale AC.
Wenn und
linear
abhŠngig sind (Abb. 8), ergibt sich ebenfalls die Diagonale AC. In diesem Fall ist das Viereck ABCD ein affin verzerrtes Drachenviereck.
In einem Drachenviereck ergibt sich aber aus Symmetriegrźnden die Diagonale.
Abb. 8: Affin verzerrter Drachen
Im
allgemeinen Fall mit linear unabhŠngigen Vektoren und
kšnnen wir
durch eine affine Verzerrung folgende Situation erreichen. Der Punkt A wird zum Ursprung, der Punkt E der Abbildung 8 zum Einheitspunkt auf
der x-Achse und der Punkt C zum Punkt
(Abb. 9). Dem
verzerrten Punkt B ordnen wir die
Koordinaten
zu. Der
Punkt D hat dann die Koordinaten
.
Abb. 9: Affin verzerrte Situation
Das
TeilverhŠltnis bezeichnen wir wiederum mit t.
Damit erhalten wir fźr den Punkt P
die Koordinaten , fźr den Punkt Q
die Koordinaten
und
schlie§lich fźr den Punkt S die
Koordinaten
. Dies beschreibt aber die Standardparabel. Daher
beschreibt S auch vor der affinen
Verzerrung eine Parabel.