Hans Walser, [20090829a]

Polyedermodelle aus rechteckigen Karten

1        Die Idee

Wir schrŠgen bei einem Polyeder die Ecken ab und anschlie§end die ursprŸnglichen Kanten. Dadurch entsteht aus jeder ursprŸnglichen Kante ein Viereck, und aus jeder ursprŸnglichen Ecke ein Polygon der Seitenzahl, welche der Anzahl der ursprŸnglich diese Ecke berŸhrenden SeitenflŠchen des Polyeders.

Illustration am Dodekaeder.

Dodekaeder

Durch AbschrŠgen von Ecken und Kanten entstehen Dreiecke und Rechtecke. Die Rechtecke — um diese geht es bei unseren Modellen — sind Ÿbereck verbunden.

Leicht abgeschrŠgt — Rechtecke

Wenn wir stŠrker abschrŠgen, entsteht als Zwischenfall eine Figur mit Quadraten. Dies ist das so genannte Rhombikosidodekaeder.

Zwischenfall Quadrate

Wenn wir noch stŠrker abschrŠgen, Šndern die Rechtecke die LŠngsrichtung. Dasselbe erhalten wir, wenn wir ein Ikosaeder leicht abschrŠgen.

Stark abgeschrŠgt


2        Beispiel

Wir bauen nun eine Modell mit Rechtecken. Es entspricht dem Fall ãstark abgeschrŠgtÒ.

Modell

Das Modell kann verschieden interpretiert werden. Da die FŸnfecke fast eben sind, drŠngt sich eine Interpretation als Dodekaeder auf. Andererseits kšnnen die gebogenen Rechtecke — welche sich von selber so einbiegen — als breite Kreisbogen interpretiert werden. So gesehen, haben wir ein Gro§kreisbogenmodell des auf seine Umkugel projizierten Ikosaeders. Die DualitŠt von Dodekaeder und Ikosaeder spielt hier hinein.

Gro§kreisbogenmodell des Ikosaeders

3        Bauteile

Wir brauchen einen einzigen Bauteiltyp, eben ein Rechteck als ãKarteÒ. Die Ausma§e des Rechteckes sind frei.

Bauteil

Da es sich von der Konstruktionsidee her um ein Kantenmodell handelt, brauchen wir fŸr jede Kante einen Bauteil. Das fŸhrt dann zu doppelt so vielen Punktverbindungen.

4        Galerie

In den folgenden Beispielen werden verschiedene Materialien, Techniken und auch kombinatorische Aspekte kombiniert.

4.1      Tetraeder

Wir verwenden sechs langgezogene Rechtecke.

Material: DŸnnes Blech aus zerlegten GetrŠnkedosen

Punktverbindung: M3-Metallschrauben mit Muttern

4.1.1     SphŠrisches Tetraeder

Gro§kreisbogenmodell des Tetraeders

Es entsteht ein Gro§kreisbogenmodell des Tetraeders.

4.1.2     Kantenmodell des Tetraeders

Wenn wir hingegen die Blechrechtecke lŠngs der langen Mittellinie falten, erhalten wir ein ãstrengesÒ Tetraeder.

Kantenmodell des Tetraeders

Der Faltwinkel ist der Diederwinkel des Tetraeders (also der Schnittwinkel zweier an einer Kante ansto§enden Seitendreiecke. Dieser Winkel ist . Dieser Winkel stellt sich beim Zusammenschrauben von selbst ein. 

4.2      WŸrfel und Oktaeder

Wir verwenden zwšlf Rechtecke im Format DIN A7 in vier verschiedenen Farben. Die Rechtecke sind lŠngs der langen Mittellinie gefaltet. Identische Bauteile fŸr WŸrfel und Oktaeder (lediglich unterschiedlicher Faltwinkel, der sich aber selber einstellt).

Material: Farbige Karteikarten

Punktverbindung: MustertŸtenklammern

4.2.1     WŸrfel

WŸrfel

Die vier Farben sind so verteilt, dass an keiner Ecke gleiche Farben zusammenkommen. Wir erhalten auf allen sechs SeitenflŠchen jeder der vier Farben. Die Farbverteilung (in der folgenden Figur ist Wei§ durch Schwarz ersetzt) auf den SeitenflŠchen ist (von au§en gesehen) folgende:

Farbverteilung

Wir sehen, dass auf jeder Seite eine andere Farbverteilung entsteht. Andererseits gibt es kombinatorisch fŸr vier Elemente  zyklische Anordnungen. Dies kann so eingesehen werden: Die Anzahl 4! der linearen Anordnungen (Permutationen) muss durch 4 dividiert werden, da bei einer zyklischen Anordnung jedes Element die Rolle des ersten Elementes spielen kann — an einem runden Tisch gibt es keinen Vorsitzenden. Wir haben also in unserem Modell gerade alle kombinatorisch mšglichen Farbanordnungen realisiert.

An den Ecken haben wir je eine Auswahl von drei der vier Farben. Diese Dreierauswahl kann auf zwei Arten zyklisch angeordnet werden. Die Anzahl der Mšglichkeiten ist also:

Jede der acht WŸrfelecken zeigt eine andere der acht Mšglichkeiten. Dieselbe Dreierauswahl der Farben, aber in unterschiedlicher zyklischer Anordnung, findet sich bei diametral gegenŸberliegender Ecken.

4.2.2     Oktaeder

In der folgenden Ansicht — das Oktaeder steht auf einer Ecke — sehen wir die kombinatorische Analogie zum oben abgebildeten WŸrfel. Die Begriffe SeitenflŠche und Ecke sind zu vertauschen. Darin zeigt sich die so genannte DualitŠt von WŸrfel und Oktaeder.

Oktaeder, auf der Spitze stehend

Im Eckstand ist das Oktaeder in einem etwas labilen Gleichgewicht. †blicherweise steht es auf einer SeitenflŠche.

Oktaeder, der Schwerkraft gehorchend

5        Technische Tipps

Material:

-       Karteikarten, zum Beispiel im Format DIN A7

-       DŸnnes Blech aus zerlegten GetrŠnkedosen. Kann mit einer starken Schere geschnitten werden. Vorsicht: Verletzungsgefahr bei scharfen Kanten und Ecken.

Punktverbindungen:

-       MustertŸtenklammern. Die Lšcher dazu werden mit einer Lochzange gestanzt, Lochdurchmesser ca. 3.5 mm. Es empfiehlt sich, eine Kartonschablone des Bauteils zu verwenden, dann kšnnen die Lšcherpositionen schnell aufgezeichnet werden. Es ist bei einiger Sorgfalt mšglich, mehrere Karten gestapelt simultan zu lochen.

-       Metallschrauben M3 mit Muttern. Lšcher mit 3.5 mm Bohrer