Hans Walser, [20100708a]

PolygonflŠche

Anregung: [Bender 2010]

1        Worum es geht

Es werden verschiedene Formeln zur Berechnung des FlŠcheninhaltes  eines einfach geschlossenen Polygons  diskutiert. Dabei zeigt sich, dass die Formeln eine gemeinsame Grundlage haben.

Geschlossenes Polygon mit 8 Eckpunkten

2        Basisformel

Wir verwenden ein kartesischen x-y-Koordinatesystem mit gleich skalierten Achsen und die Bezeichnungen  fŸr die Eckpunkte.  Damit ist: 

Die Summe ist zyklisch, die Indizes sind modulo n zu nehmen.

Diese Formel wurde an den Gymnasien in der Schweiz bis etwa Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts standardmŠ§ig behandelt. Sie ist heute noch eine beliebte †bungsaufgabe in der linearen Algebra.

Beweis der Basisformel: FŸr das durch die Ortsvektoren  und  aufgespannte Parallelogramm oder Dreieck haben wir den orientierten FlŠcheninhalt:

Bei Vertauschung der Ortsvektoren Šndert die Orientierung ebenso wie das Vorzeichen der Determinante.

Im Abschnitt 5 sind mehrere schulgemŠ§e Beweise fŸr diese Formeln aufgelistet.

Nun zerlegen wir das Polygon vom Ursprung aus in Dreiecke. Im einfachsten Fall liegt der Ursprung im Innern des Polygons und zwar so, dass wir keine †berlappungen von Dreiecken haben.

Einfachster Fall

Die Basisformel fŸr den FlŠcheninhalt ergibt sich sofort und ohne Vorzeichenprobleme. Interessanter ist der Fall, wenn wir vom Ursprung aus gesehen mŠandrierende, also rŸcklŠufige Randteile haben, oder gar der Ursprung au§erhalb des Polygons liegt. In diesen FŠllen kommt die Algebra mit den orientierten FlŠchenteilen zum Tragen. SchŸlerinnen und SchŸler kšnnen sich Ÿberlegen, wie viele Lagen von positiven und negativen Dreiecken Ÿber jedem Punkt liegen. Hier zeigt sich die Eleganz der Algebra.

Rotes Dreieck negativ

Rote Dreiecke negativ

3        Andere Schreibweisen

Wir gehen aus von der Basisformel:

Der Witz der folgenden Umformungen besteht darin, dass wir eine zyklische Summe haben. Die Indizes sind Modulo n zu nehmen. Wir kšnnen daher die Indizes ãschiebenÒ, ohne dass sich die Summe Šndert. So ist zum Beispiel:

   oder   

Nun also einige Umformungen. Bei den rot markierten Summen ist der Schiebetrick angewendet worden. 

Analog:

Oder durch EinfŸgen einer schwarzen Null:

Analog:

Zusammengefasst haben wir also die vier Formeln (vgl. [Bender 2010], S. 53, 54):

Diese zur Basisformel Šquivalenten Formeln haben den rechentechnischen Vorteil, dass sie nur halb so viele Multiplikationen benštigen. Zu Zeiten des Handrechnens war das entscheidend.

4        AufwŠrtskompatibilitŠt

Wir berechnen nun den FlŠcheninhalt eines Gebietes G, dessen Rand eine einfach geschlossene Parameterkurve c ist:

 

Dazu approximieren wir das Gebiet G durch ein Polygon, indem wir das Parameterintervall in n gleiche Teile unterteilen:

Wir erhalten die FlŠchenapproximation:

Mit dem GrenzŸbergang  ergibt sich:

Bemerkung: Diese FlŠchenformel ist ein Spezialfall der Integralformel von Stokes:

 

Wir setzen dazu das Vektorfeld  ein. Es ist linkerseits:

Auf der rechten Seite erhalten wir:

Eingesetzt in die Formel von Stokes ergibt:

Unsere Basisformel ist also die diskretisierte Form dieser Anwendung der Integralformel von Stokes.

5        Beweise fŸr Parallelogramm- und Dreiecksformel

Wir beweisen jeweils eine der beiden Šquivalenten Formeln:

Die Idee dabei ist, einen Sachverhalt unter verschiedenen Aspekten zu sehen und mit verschiedenen Methoden anzugehen.

Die Beweise sind nur skizziert, es muss allenfalls noch die Frage der Orientierung und des Vorzeichens besprochen werden.

5.1      Bildhauermethode

Das Parallelogramm wir aus dem gro§en Rechteck herausgehauen

Es ist:

5.2      FlŠchenverwandlungen

Figurensequenz

Wir berechnen die DreiecksflŠche . ZunŠchst zerlegen wir das Dreieck  in drei Teildreiecke (Figur a) und verscheren zwei davon (Figur b). Nun verdoppeln wir alles (Figur c) und sehen die FlŠchensumme als DifferenzflŠche zweier Rechtecke (Figur d). Somit ist:

5.3      Skalarprodukt

Wir arbeiten mit der FlŠchenformel:

Dabei ist  der Zwischenwinkel zwischen den beiden Vektoren, also:

Daraus ergibt sich:

5.4      Additionstheorem

Wir arbeiten wieder mit der FlŠchenformel:

Vektoren und Winkel

Mit  bezeichnen wir den Richtungswinkel des Ortsvektors . Es ist:

Wegen  ist auf Grund des Additionstheorems fŸr den Sinus:

Damit wird:

5.5      Hessesche Normalform

Die Gerade  hat die Hessesche Normalform:

Zur Berechnung der Hšhe  setzen wir die Koordinaten des Punktes  ein:

Hessesche Normalform

Nun kšnnen wir die DreiecksflŠche berechnen:

5.6      Nochmals FlŠchenverwandlungen

Wir verwandeln das Parallelogramm in zwei Schritten in ein flŠchengleiches achsenparalleles Rechteck.

Erster Schritt: Wir scheren rechts nach unten auf die x-Achse.

Erster Schritt

Zur Berechnung von  muss gelten:

Zweiter Schritt: Wir scheren oben nach links zu y-Achse.

Zweiter Schritt

Nun sehen wir:

Bemerkung: Dieses Verfahren ist eine Visualisierung des Gau§schen Algorithmus zur Berechnung einer Determinante.

5.7      Wer findet weitere Beweise?

 

Literatur

[Bender 2010]            Bender, Peter: Eine einfache Formel fŸr den FlŠcheninhalt von Polygonen. In: Katja KrŸger und Philipp Ullmann (Hg.): Von Geometrie und Geschichte in der Mathematikdidaktik. Festschrift zum 65. Geburtstag von Lutz FŸhrer. EichstŠtt: Polygon-Verlag 2010. ISNB: 978-3-928671-60-6. S. 53-70.