Hans Walser, [20040416a]

Pythagoreische Rechtecke

1        Vier gleiche rechtwinklige Dreiecke

1.1       Allgemeiner Fall

Wir starten mit einem beliebigen rechtwinkligen Dreieck in der Ÿblichen Beschriftung.

 

Startdreieck

 

Nun versuchen wir, mit zwei solchen Dreiecken sowie ihren Spiegelbildern – insgesamt also vier kongruenten Dreiecken – ein Rechteck so auszulegen, dass an der Peripherie des Rechtecks die SeitenlŠngen a, b und c des Dreieckes je zwei Mal vorkommen. Dies ist – bis auf Spiegelungen – auf zwei Arten mšglich. 

 

Die beiden Lšsungen

 

In der ersten Lšsung hat das Rechteck die LŠnge  und die Breite ; in der zweiten Lšsung ist die LŠnge  und die Breite .

In beiden Rechtecken bleibt in der Mitte ein rechteckiges ãLochÒ offen, das aber offenbar dieselbe Form wie das gro§e Recheck hat, also zum gro§en Rechteck Šhnlich ist.

FŸr die erste Lšsung kšnnen wir dies so einsehen: Die beiden vermuteten gleichen SeitenverhŠltnisse sind:

 

 

 

Die letzte Formelzeile ist aber  nach dem Satz des Pythagoras richtig.

FŸr die zweite Lšsung lŠuft der Beweis analog.

Der Verkleinerungsfaktor vom gro§en Rechteck zum kleinen Rechteck ist in der ersten Lšsung , in der zweiten Lšsung .

Im Folgenden beschrŠnken wir uns jeweils auf die erste Lšsung.

1.2       Spezielle rechtwinklige Dreiecke

1.2.1      Rechtwinklig gleichschenkliges Dreieck

FŸr Dreiecke mit  erhalten wir Rechtecke mit dem SeitenverhŠltnis .

 

Rechtwinklige gleichschenklige Dreiecke

 

Ein solches Rechteck entsteht als Restrechteck, wenn wir von einem DIN A4 – Papier oben ein Quadrat abschneiden.

 

Von einem DIN A4 Papier wird ein Quadrat abgeschnitten

 

1.2.2      Goldenes Rechteck

Bei Verwendung von Dreiecken mit  erhalten wir Rechtecke im goldenen Schnitt (vgl. [Steibl 1996, S. 88f], [Walser 2004, S. 39f]).

 

Goldene Rechtecke

 

2        Weiter gehtÕs

2.1       Wir fŸllen die Lšcher

Da das innere Lochrechteck Šhnlich ist zum gro§en Rechteck, kšnnen wir es analog zerlegen in vier kleinere rechtwinklige Dreiecke und ein kleineres Lochrechteck. Diese vier kleineren Figuren sind natŸrlich Šhnlich zu den entsprechenden Ausgangsfiguren.

 

Weitere Unterteilung

 

Und nun ist kein Halten mehr. Wir kšnnen die Unterteilung theoretisch ad infinitum weiterfŸhren.

 

Iteration ad infinitum

 

2.2       Spiralen

Wenn wir uns in der Figur auf die kurzen Katheten der Dreiecke beschrŠnken, entstehen eckige Spiralen.

 

Eckige Spiralen

 

Die Eckpunkte dieser Spiralen liegen auf ãrichtigenÒ logarithmischen Spiralen.

 

Logarithmische Spiralen

 

Diese vier logarithmischen Spiralen sind kongruent. Das glaubt man zuerst nicht, weil die Gesamtfigur keine vierstrahlige Rotationssymmetrie hat. Es ist aber so.

3        Pythagoreische Dreiecke

3.1       Beispiel

Bei unseren speziellen rechtwinkligen Dreiecken traten bei der Hypotenuse hŠssliche WurzelausdrŸcke auf. Wir kšnnen dies vermeiden, wenn wir so genannte pythagoreische Dreiecke verwenden. Das sind rechtwinklige Dreiecke mit ganzzahligen Seiten. Das einfachste und am besten bekannte Beispiel ist das pythagoreische Dreieck mit den Seiten ,  und . Dies fŸhrt zu einem Recheck der LŠnge 8 und der Breite 4. Das Ding passt also, wenigstens was die Au§enkontur betrifft, bestens in einen Quadratraster.

Man ist versucht, das entstehende Rechteck mit ganzzahligen Seiten als pythagoreisches Rechteck zu bezeichnen.

 

Pythagoreisches Recheck

 

Damit auch das Lochrechteck seine Eckpunkte eingerastet bekommt, ist die Maschenweite des Rasters auf einen FŸnftel zu verkleinern.

 

Kleinerer Raster

 

NatŸrlich lŠsst sich auch hier das Spielchen mit der Iteration machen.

 

Iteration

 

3.2       Allgemein

Es gibt unendlich viele pythagoreische Dreiecke. Diese kšnnen wie folgt generiert werden: wir nehmen ein  Zahlenpaar  mit ,  und . Dann sind

 

 

die Seiten eines pythagoreischen Dreieckes. Die Seiten haben zudem die Eigenschaft, dass sie keinen gemeinsamen Teiler haben, wir kšnnen also nicht mehr ãkŸrzenÒ.

Umgekehrt kšnnen alle pythagoreischen Dreiecke auf diese Weise gebildet werden.

Die Eingangszahlen u und v werden als Parameter des pythagoreischen Dreieckes bezeichnet. Im Dreieck sind sie allerdings nicht direkt sichtbar.

Wenn wir nun mit vier kongruenten pythagoreischen Dreiecken unser Rechteck bilden, erhalten wir ein Rechteck mit ganzzahligen Seiten, und zwar ist die LŠnge  und die Breite . FŸr das VerhŠltnis zwischen LŠnge und Breite ergibt sich:

 

 

Die beiden Parameter u und v geben also das SeitenverhŠltnis des Rechteckes an; an diesem Rechteck werden die Parameter direkt sichtbar.

Die folgende Tabelle gibt die ersten Beispiele.

 

 

u

v

a

b

c

LŠnge

Breite

2

1

3

4

5

8

4

3

2

5

12

13

18

12

4

1

15

8

17

32

8

4

3

7

24

25

32

24

5

2

21

20

29

50

20

5

4

9

40

41

50

40

6

1

35

12

37

72

12

6

5

11

60

61

72

60

7

2

45

28

53

98

28

7

4

33

56

65

98

56

7

6 1

3

84

85

98

84

8

1

63

16

65

128

16

8

3

55

48

73

128

48

8

5

39

80

89

128

80

8

7

15

112

113

128

112

9

2

77

36

85

162

36

9

4

65

72

97

162

72

9

8

17

144

145

162

144

10

1

99

20

101

200

20

10

3

91

60

109

200

60

10

7

51

140

149

200

140

10

9

19

180

181

200

180

Ausma§e der pythagoreischen Rechtecke

 

3.3       Sonderfall Fibonacci

Die Fibonacci-Zahlen sind so definiert: Es ist eine Folge  von Zahlen mit  und  ( so genannte Startwerte) und . Die Tabelle gibt den Anfang dieser Zahlenfolge.

 

 

 

Fibonacci-Folge

Zwei aufeinander folgende Fibonacci-Zahlen passen recht gut als Parameter fŸr pythagoreische Dreiecke; allerdings ist die Bedingung  bei jedem dritten Paar nicht erfŸllt, nŠmlich dort, wo zwei ungerade Fibonacci-Zahlen aufeinander folgen. Ihre Differenz ist dann eine gerade Zahl. Wenn wir auch diese Zahlen als Parameter verwenden, erhalten wir zwar auch rechtwinklige Dreiecke mit ganzzahligen SeitenlŠngen, aber diese SeitenlŠngen haben einen gemeinsamen Teiler. Die Tabelle gibt den Anfang dieser Daten. Es ist zusŠtzlich das VerhŠltnis von LŠnge zu Breite der pythagoreischen Rechtecke eingetragen. Das ist, wie wir gesehen haben, das VerhŠltnis , in unserem Falle also:

 

 

 

n

 

 

a

b

c

LŠnge

Breite

VerhŠltnis

1

1

1

0

2

2

2

2

1

2

2

1

3

4

5

8

4

2

3

3

2

5

12

13

18

12

1.500000000

4

5

3

16

30

34

50

30

1.666666667

5

8

5

39

80

89

128

80

1.600000000

6

13

8

105

208

233

338

208

1.625000000

7

21

13

272

546

610

882

546

1.615384615

8

34

21

715

1428

1597

2312

1428

1.619047619

9

55

34

1869

3740

4181

6050

3740

1.617647059

10

89

55

4896

9790

10946

15842

9790

1.618181818

11

144

89

12815

25632

28657

41472

25632

1.617977528

12

233

144

33553

67104

75025

108578

67104

1.618055556

13

377

233

87840

175682

196418

284258

175682

1.618025751

14

610

377

229971

459940

514229

744200

459940

1.618037135

15

987

610

602069

1204140

1346269

1948338

1204140

1.618032787

Pythagoreische Rechtecke mit Fibonacci-Zahlen

 

Wir sehen, dass sich das SeitenverhŠltnis der pythagoreischen Dreiecke einem bestimmten Wert annŠhert; dies ist der goldene Schnitt . Die ist weiter nicht Ÿberraschend, denn dies gilt bereits fŸr das VerhŠltnis aufeinander folgender Fibonacci-Zahlen.

Andererseits hatten wir das goldene Rechteck bereits erhalten unter Verwendung des Dreieckes mit . Dies hei§t nun aber, dass die in der Tabelle aufgelisteten pythagoreischen Dreiecke dieses spezielle Dreieck mit approximieren. TatsŠchlich gilt etwa fŸr  das VerhŠltnis:

 

Literatur

[Steibl 1996]               Steibl, Horst: Geometrie aus dem Zettelkasten. Hildesheim: Franzbecker 1996. ISBN 3-88120-269-2

[Walser 2004]            Walser, Hans: Der Goldene Schnitt. 4. Auflage. Leipzig: Edition am Gutenbergplatz 2004. ISBN 3-937219-00-5