Hans Walser, [20160434]
Quadrate ansetzen
Einem beliebigen Vieleck setzen wir an den Seiten Quadrate an. Dann wiederholen wir das Quadrate-Ansetzen. Es entstehen FlŠchenverhŠltnisse, die mit den Fibonacci-Zahlen zu tun haben (Posamentier and Lehmann 2007), (Walser 2012).
Wir arbeiten exemplarisch mit einem Dreieck. Erste Runde
Einem beliebigen schwarzen Dreieck setzen wir an den Seiten rote Quadrate an (Abb. 1). Das sind wir von der Pythagoras-Ikone her gewohnt, aber in unserem Fall braucht das Dreieck nicht rechtwinklig zu sein.
Abb. 1: Rote Quadrate
Mit s1 bezeichnen wir die FlŠchensumme der drei roten Quadrate.
Nun setzen wir einen Kranz von grŸnen Quadraten an gemŠ§ Abbildung 2.
Abb. 2: Kranz von grŸnen Quadraten
Mit s2 bezeichnen wir die FlŠchensumme der drei grŸnen Quadrate.
Abb. 3: Kranz von blauen Quadraten
Die blauen Quadrate basieren je auf einer Ecke eines grŸnen und eines roten Quadrates. Wir greifen also auf die zwei vorangehenden QuadratkrŠnze zurŸck. Das erinnert an die Rekursion der Fibonacci-Zahlen.
Mit s3 bezeichnen wir die FlŠchensumme der drei blauen Quadrate.
Abb. 4: Himmelblaue Runde
Die himmelblauen Quadrate basieren wiederum je auf einer Ecke der beiden vorangehenden QuadratkrŠnze.
Mit s4 bezeichnen wir die FlŠchensumme der drei himmelblauen Quadrate.
Abb. 5: Magenta Runde
Mit s5 bezeichnen wir die FlŠchensumme der drei magenta Quadrate.
Abb. 6: Goldgelbe Runde
Wir erhalten experimentell unabhŠngig von der Form des schwarzen Basisdreieckes das FlŠchenverhŠltnis:
(1)
Somit stellen sich zwei Fragen:
Wie lassen sich diese experimentellen Befunde beweisen?
Was hat es mit der Zahlenfolge 1, 3, 7, 19, 49, 129, ... auf sich?
FŸr den Beweis arbeiten wir mit einem Hilfssatz, dem Max-und-Moritz-Theorem.
Wir beginnen mit zwei Quadraten (blau in Abb. 7), die an einer Ecke gelenkig verbunden sind. Dann fŸgen wir zwei weitere Quadrate an (rot in Abb. 7).
In dieser Situation gilt das Max-und-Moritz-Theorem:
rot = zwei mal blau (2)
Abb. 7: rot = zwei mal blau
FŸr den Beweis arbeiten wir mit den Bezeichnungen der Abbildung 8.
Abb. 8: Bezeichnungen
Die
Winkel und
ergŠnzen
sich auf 180¡. Daher ist:
(3)
Aus dem Kosinus-Satz ergibt sich:
(4)
Wegen (3) ergibt sich durch Addition der beiden Zeilen von (4):
(5)
Damit ist das Max-und-Moritz-Theorem bewiesen. Es wird im Folgenden andauernd verwendet.
Noch eine neckische Zusatzbemerkung (Abb. 9). Das Lot auf die eine rote Quadratseite halbiert die andere rote Quadratseite (und umgekehrt). Beweis? Dieser Sachverhalt wird im Folgenden nur zur PrŠzisierung der Relation gegenŸberliegende Quadrate verwendet.
Abb. 9: Lot und Seitenhalbierende
Nun zurŸck zu unserem Dreieck.
Aus der Disposition der Abbildung 2 ergibt sich aus dem Max-und-Moritz-Theorem, dass jedes grŸne Quadrat zusammen mit dem gegenŸberliegenden roten Quadrat jeweils flŠchengleich ist wie das Doppelte der beiden benachbarten Quadrate. Aufsummieren ergibt:
(6)
Damit ist das erste VerhŠltnis von (1) abgehakt.
GemŠ§ Abbildung 3 ist jedes blaue Quadrat zusammen mit dem gegenŸberliegenden roten Quadrat flŠchenmŠ§ig doppelt so gro§ wie das grŸne und das rote Quadrat, die eine gemeinsame Ecke auf dem Lot haben.
Aufsummieren ergibt daher:
(7)
Damit ist das zweite VerhŠltnis von (1) abgehakt.
GemŠ§ Abbildung 4 ist jedes himmelblaue Quadrat zusammen mit dem gegenŸberliegenden roten Quadrat flŠchenmŠ§ig doppelt so gro§ wie das anschlie§ende blaue und grŸne Quadrat. Somit nach dem Max-und-Moritz-Theorem und Aufsummieren:
(8)
Die himmelblaue Runde ist bereits typisch fŸr alle folgenden Runden. FŸr n > 2 gilt:
(9)
Damit haben wir die Rekursionsformel fŸr unsere Folge sn gefunden:
(10)
Im Unterschied zur Fibonacci-Rekursion brauchen wir die drei vorangehenden Folgenglieder und daher auch drei Startwerte.
Die Tabelle 1 zeigt die ersten 20 Folgenglieder.
n |
sn |
|
n |
sn |
1 |
1 |
|
11 |
15841 |
2 |
3 |
|
12 |
41473 |
3 |
7 |
|
13 |
108577 |
4 |
19 |
|
14 |
284259 |
5 |
49 |
|
15 |
744199 |
6 |
129 |
|
16 |
1948339 |
7 |
337 |
|
17 |
5100817 |
8 |
883 |
|
18 |
13354113 |
9 |
2311 |
|
19 |
34961521 |
10 |
6051 |
|
20 |
91530451 |
Tab. 1: Folgenglieder
Die Folge hat die explizite Formel (Ÿbliche Herleitung):
(11)
Mit der Schreibweise des Goldenen Schnittes (Posamentier and Lehmann 2012), (Walser 2013)
(12)
kann die explizite Form geschrieben werden wie folgt:
(13)
Die Abbildung 10 zeigt die Fibonacci-Packung.
Abb. 10: Fibonacci-Packung
Die Quadrate haben der Reihe nach die SeitenlŠngen:
1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, ... (14)
Das sind die Fibonacci-Zahlen. Die Quadrate haben daher der Reihe nach die FlŠcheninhalte:
1, 1, 4, 9, 25, 64, 169, ... (15)
Diese Folge hat ebenfalls die Rekursion (10) wie unsere Folge sn.
In der Abbildung 6 erkennen wir dreimal nŠherungsweise diese Fibonacci-Packung. Die drei Packungen haben aber die roten Startquadrate gemeinsam.
Die Abbildungen 11 und 12 zeigen das analoge Vorgehen basierend auf einem beliebigen Viereck oder Siebeneck. Dabei ergeben sich †berlappungen der Quadrate.
Abb. 11: Viereck als Ausgangsfigur
Abb. 12: Siebeneck als Ausgangsfigur
Wir erkennen wiederum die nŠherungsweisen Fibonacci-Packungen.
Die FlŠchensummen haben ebenfalls die Rekursion (10), aber andere Startwerte. Die Startwerte sind nicht mehr so schšn wie im Falle eines Dreiecks als Startfigur.
Literatur
Posamentier, Alfred S. and Lehmann, Ingmar (2007): The (Fabulous) Fibonacci Numbers. Amherst, N.Y., Prometheus Books.
Posamentier, Alfred S. and Lehmann, Ingmar (2012): The Glorious Golden Ratio. Amherst, N.Y., Prometheus Books.
Walser, Hans (2012): Fibonacci. Zahlen und Figuren. Leipzig, EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-60-8.
Walser, Hans (2013): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig. ISBN 978-3-937219-85-1.