Hans Walser, [20100215a]

Radlinien

1        Worum es geht

Wir rollen auf dem Einheitskreis einen anderen Kreis ab und verfolgen die Bahn eines Punktes auf der Peripherie des abrollenden Kreises.

Es werden KurvenlŠnge und FlŠcheninhalt der Radlinien berechnet.

2        Radlinie au§en

2.1      Parameterdarstellung

Der abrollende Kreis habe den Radius  und rolle au§en auf dem Einheitskreis ab. Diese Radlinie kann beschrieben werden durch:

Der Mittelpunkt des abrollenden Kreises dreht auf einem Kreis mit Radius  im positiven Drehsinn, der abrollende Kreis mit Radius  dreht sich ebenfalls im positiven Drehsinn,  und zwar  Mal pro Umlauf. Das kennen wir aus der Astronomie: Die Erde dreht sich bei einem Umlauf um die Sonne gegenŸber den Fixsternen ein Mal mehr als gegenŸber der Sonne. Daher sind die Sternentage kŸrzer als die Sonnentage.

Die Abbildung zeigt die Radlinie fŸr .

Radlinie au§en fŸr n = 5

Die Radlinie hat n einwŠrts gerichtete Spitzen.


2.2      LŠngenberechnung

Aus der Parameterdarstellung erhalten wir mit einiger Rechnung:

FŸr die KurvenlŠnge  rechnen wir n Mal die LŠnge eines Bogens:

Bemerkenswert ist, dass diese KurvenlŠnge rational ist, obwohl die Kurve auf Kreisen und Kreisbewegungen basiert. Dieses Beispiel hatte frŸher die Hoffnung genŠhrt, dass die Kreiszahl ¹ vielleicht rational sein kšnnte. Erst Johann Heinreich Lambert (1728-1777) konnte 1768 beweisen, dass die Kreiszahl ¹ irrational ist.

2.2.1     Ein Irrtum

Offensichtlich ist . Andererseits nŠhert sich die Radlinie fŸr  dem Einheitskreis. Die Abbildung zeigt die Radlinie fŸr .

Radlinie mit 100 Spitzen

Daraus kšnnte der falsche Schluss gezogen werden, der Einheitskreis habe den Umfang 8. Warum ist dieser Schluss falsch?

2.3      FlŠchenbrechung

Wie gro§ ist der FlŠcheninhalt?

Aus

ergibt sich:

Wegen

erhalten wir:

Der FlŠcheninhalt ist ein rationales Vielfaches von ¹. Es ist:

Warum ist der Schluss, der Einheitskreis habe den FlŠcheninhalt ¹, nun richtig?

Fast der Einheitskreis

3        Radlinie innen

Der abrollende Kreis habe wieder den Radius  und rolle nun innen auf dem Einheitskreis ab. Diese Radlinie kann beschrieben werden durch:

Der Mittelpunkt des abrollenden Kreises dreht auf einem Kreis mit Radius  im positiven Drehsinn, der abrollende Kreis mit Radius  dreht sich nun im negativen Drehsinn,  und zwar  Mal pro Umlauf. Die Abbildung zeigt die Radlinie fŸr . Die Spitzen sind nun nach au§en gerichtet.

Radlinie innen fŸr n = 5


Mit analogen Rechnungen finden wir fŸr die KurvenlŠnge  und den FlŠcheninhalt :

4        Rationaler Kreisradius

Wir ersetzen n durch den gekŸrzten Bruch . Nun mŸssen wir mit q UmlŠufen arbeiten, bis sich die Kurve schlie§t.

4.1      Abrollen au§en

Die Abbildung zeigt die Radlinie fŸr

Blumenmuster

FŸr KurvenlŠnge  und FlŠcheninhalt  gilt:

Bei der FlŠchenformel ist zu beachten, dass wir bis zu q-fache †berlappungen haben. Meine Software fŠrbt paritŠtisch nach Anzahl der †berlappungen. Bei einer geraden Anzahl von †berlappungen wird nicht gefŠrbt.


FŸr  sieht das so aus:

FŠrbung

FŸr  sieht das so aus:

FŠrbung


FŸr  sieht das so aus:

FŠrbung

4.1.1     Sonderfall: p = 1

Wenn wir  setzen, hei§t das, dass wir auf dem Einheitskreis au§en einen Kreis vom Radius q abrollen.

Die Abbildung zeigt den Fall fŸr .

 

Kreis mit Radius 3 wird abgerollt

4.2      Abrollen innen

Wenn wir innen abrollen, ergeben sich wieder Spitzen.

4.2.1     Radius < 1

Damit der Kreis wirklich im Innern abrollen kann, muss sein Radius kleiner als 1 sein. Daher muss gelten.

Die Abbildung zeigt den Fall .

Sternfigur

4.2.2     Radius > 1

Wenn der Radius des ãabrollendenÒ Kreises aber grš§er als eins ist, haben wir ein ãAbwŠlzenÒ und die Kurve verlŠuft im €u§eren des Einheitskreises. FŸr  etwa erhalten wir:

AbwŠlzen

Das entspricht der Figur, die beim Šu§eren Abrollen mit  entsteht. Der Hintergrund ist folgender: Unsere Figuren entstehen durch †berlagerung zweier Kreisbewegungen. FormelmŠ§ig geschieht das durch eine Addition. Wegen der KommutativitŠt der Addition ist es aber willkŸrlich, welchen Kreis wir als ãerstenÒ und welchen als ãzweitenÒ Kreis wŠhlen.