Hans Walser, [20130608a], Version 14. Juni 2013

Reuleaux-Dreieck-Triangulation

Anregung: R. V., S.

1        Problemstellung

Gesucht ist eine ãschšneÒ Triangulation des Reuleaux-Dreiecks (Abb. 1).

 

Abb. 1: Reuleaux-Dreieck

 

2        Idee

Wir zeichnen eine lineare Triangulation auf den Boden eines Tetraeders, projizieren vom Zentrum aus auf seine Umkugel (inverse gnomonische Projektion) und dann vom Nordpol aus auf eine Tangentialebene im SŸdpol (stereografische Projektion).

3        Schritt fŸr Schritt

3.1      Lineare Triangulation und Tetraeder

Die Abbildung 2 zeigt eine lineare Triangulation in einem gleichseitigen Dreieck. Sie hat eine Zehner-Teilung: Jede Dreiecksseite ist in zehn Teile unterteilt. Insgesamt haben wir daher 100 Teildreiecke.

 

Abb. 2: Lineare Triangulation

 

Diese lineare Triangulation setzen wir nun auf den Boden eines regulŠren Tetraeders (Abb. 3).

 

Abb. 3: Tetraeder

 

3.2      Die Kugel kommt ins Spiel

Wir zeichnen und denken uns die Umkugel des Tetraeders (Abb. 4). Die Spitze des Tetraeders liegt in Nordpol, die drei Basispunkte sind auf dem Breitenkreis 19.47¡S.

 

Abb. 4: Umkugel des Tetraeders

 

Nun projizieren wir die lineare Triangulation auf dem Tetraederboden vom Kugelmittelpunkt aus auf die KugeloberflŠche (Abb. 5). Auf der KugeloberflŠche besteht die Triangulation aus Gro§kreisbšgen.

 

Abb. 5: Projektion vom Kugelmittelpunkt aus

 

Da dies recht unŸbersichtlich ist, lassen wir die Kugel mal weg (Abb. 6).

 

Abb. 6: Ohne Bild der Kugel

 

Wir kšnnen auch noch die lineare Triangulation auf dem Tetraederboden weglassen (Abb. 7).

 

Abb. 7: Fischernetz am Tetraeder

 

Die Abbildung 8 zeigt dasselbe von der Seite.

 

 

Abb. 8: Spezielle Sicht

 

3.3      Projektion auf die Tangentialebene am SŸdpol

Wir projizieren nun vom Nordpol (das ist die Tetraederspitze) aus auf die Tangentialebene am SŸdpol. Diese Abbildung hei§t stereografische Projektion. Sie ist winkeltreu (konform) und wird daher in der Kartografie gerne verwendet. Die Abbildung 9 zeigt das Vollbild.

 

Abb. 9: Stereografische Projektion

 

Die Abbildung 10 zeigt die Situation von der Seite.

 

Abb. 10: Sicht von der Seite

 

Die Abbildung 11 zeigt das Vollbild aus der Sicht von ãuntenÒ. Wir sehen auf den SŸdpol.

 

Abb. 11: Sicht auf den SŸdpol

 

Nun lassen wir die ganze Herleitung weg und sehen die gesuchte Triangulation (Abb. 12). Die KrŸmmungen der Triangulationslinien suggerieren eine Wšlbung. In der Mitte haben wir einen Lupeneffekt.

 

Abb. 12: Triangulation des Reuleaux-Dreieckes

 

3.4      Hintergrund

Die Projektion des regulŠren Tetraeders auf eine konzentrische SphŠre unterteilt diese in vier kongruente regelmŠ§ige sphŠrische Dreiecke mit Winkeln von 120¡.

Die stereografische Projektion ist winkeltreu und Mšbiuskreis-treu. Wir erhalten daher in der Projektion genau das Reuleaux Dreieck.

3.5      KrŸmmungsverhalten

Die zum Beispiel roten Kreise der Abbildung 12 sind unterschiedlich gekrŸmmt. Somit muss es einen ãDurchgang durch nullÒ ergeben. KrŸmmung null bedeutet aber eine Gerade. Dies wird sichtbar bei einer Teilungszahl, welche durch drei teilbar ist. Die Abbildung 13 zeigt die Situation mit einer Zwšlfer-Teilung. Wir haben drei Geraden durch die Mitte.

 

Abb. 13: Geraden durch die Mitte

 

4        HŠndische Konstruktion mit Zirkel und Lineal

Wir untersuchen nun, wie die Triangulation des Reuleaux-Dreieckes rein elementar mit Zirkel und Lineal bewerkstelligt werden kann.

FŸr die praktische DurchfŸhrung arbeiten wir im Folgenden mit der Teilungszahl fŸnf. Die Abbildung 14 zeigt die Triangulation des Reuleaux-Dreieckes mit der Teilungszahl fŸnf.

 

Abb. 14: Teilungszahl 5

 

4.1      Herleitung

Die Abbildung 15 zeigt zunŠchst nochmals das rŠumliche Vollbild mit der Teilungszahl fŸnf, aber aus einer sehr speziellen Sicht.

 

Abb. 15: Sehr spezielle Sicht

 

Wir gucken in Richtung einer Bodenkante des Tetraeders. In dieser Sicht erscheinen die blauen Gro§kreisbogen auf der Kugel als Strecken (Abb. 16).

 

Abb. 16: Blaue Gro§kreise erscheinen als Geraden

 

Mehr noch: Wenn wir diese Strecken verlŠngern, schneiden sich alle in einem Punkt (Abb. 17).

 

Abb. 17: Schnittpunkt

 

Die scheinbaren blauen Geraden sind in Wirklichkeit Gro§kreisbšgen auf der Kugel, nach der VerlŠngerung sogar halbe Gro§kreise, die in zwei diametralen Punkten auf dem €quator enden. In unserer Sicht kšnnen die Winkel zwischen den Halbkreisen direkt abgelesen werden.

Weiter unterteilen die blauen Strecken die magenta Bodenlinie des Tetraeders in fŸnf gleiche Teile. Genau genommen: es wird die Hšhe des Bodendreieckes in fŸnf gleiche Teile geteilt. Unsere gewŠhlte Teilungszahl fŸnf wird also sichtbar.

4.2      Das DIN-Format erscheint

Schlie§lich – und das ist verblŸffend – passen zwischen Tetraederboden und €quator genau drei Rechtecke mit dem SeitenverhŠltnis des DIN-Formates hinein (Abb. 18). Dies ist unabhŠngig von unserer Teilungszahl fŸnf.

 

Abb. 18: Das DIN-Format erscheint

 

Wenn wir nun noch bedenken, dass die stereografische Projektion, welche ja schlie§lich die Triangulation geliefert hat, winkel- und kreistreu ist, wird folgende Konstruktion plausibel. Der Nachweis der Korrektheit ist etwas aufwŠndig.

4.3      Konstruktion

Wir beginnen mit drei im Querformat aneinandergefŸgten DIN-Rechtecken gemŠ§ Abbildung 19 und unterteilen die obere Gesamtseite gemŠ§ der gewŠhlten Teilungszahl, in unserem Beispiel also in fŸnf Teile. Wir haben eine so genannte regulŠre Skala.

 

Abb. 19: Drei DIN-Rechtecke. RegulŠre Skala

 

Nun projizieren wir die regulŠre Skala Ÿber den in der Abbildung 19 eingezeichneten blauen Punkt auf die linke senkrechte Gerade (Abb. 20). Wir erhalten eine so genannte projektive Skala. Sie ist nicht mehr Šquidistant, auch die Reihenfolge der Zahlen ist nicht die Ÿbliche. Die Sache hat noch eine TŸcke. Wenn wir mit einer durch drei teilbaren Teilungszahl arbeiten, ergibt sich ein magenta Punkt auf der regulŠren Skala, der in der projektiven Skala nicht erscheint. Bei der Teilungszahl zwšlf ist es der Punkt mit der Nummer vier. Dies ist ein so genannter Verschwindungspunkt. Es ist ein ãunendlich fernerÒ Punkt.

 

Abb. 20: Projektive Skala

 

Die Punkte der projektiven Skala verwenden wir nun als Zentren von Kreisbšgen gemŠ§ Abbildung 21. Falls wir einen unendlich fernen Punkt als Zentrum im Spiel haben, wird der zugehšrige Kreisbogen zur horizontalen Strecke.

 

Abb. 21: Kreisbšgen

 

Wir kopieren diese Kreisbšgen zwei Mal, fŠrben um, drehen um 120¡ beziehungsweise 240¡ und Ÿberlagern (Abb. 22).

 

Abb. 22: Triangulation

 

Zwischen den schwarz markierten Punkten erkennen wir das triangulierte Reuleaux-Dreieck der Abbildung 14.

4.4      Ausweitung

Wir kšnnen die in der Abbildung 19 eingefŸhrte regulŠre Skala links Ÿber 0 in die negativen Zahlen und rechts Ÿber fŸnf hinaus vergrš§ern. Das fŸhrt dann zu einer Triangulation der Kreisscheibe (Abb. 23). Wo ist unser ursprŸngliches Reuleaux-Dreieck?

 

Abb. 23: Triangulation des Kreises. Teilungszahl 5

 

Die Abbildung 24 zeigt das Beispiel mit der durch drei teilbaren Teilungszahl zwšlf. Es gehen drei Durchmesser durch das Kreiszentrum.

 

Abb. 24: Teilungszahl 12