Hans Walser, [20220711]
Rhombensterne
Sternförmige Figuren aus Rhomben. Die Sterne werden aus Rhombenspindeln zusammengesetzt.
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auf Vorrat. Per aspera ad astera.
Wir ordnen n = 8 Rhomben an gemäß Abbildung 2.1a. Die Rhomben sind kongruent. Ihre Kanten sind alle gleich steil, im gezeichneten Beispiel mit einer Steigung 1 gegenüber der Standebene, also einem Steigungswinkel 45°. Man beachte, dass der spitze Winkel der Rhomben kleiner als ein Achtel des vollen Winkels sein muss, also kleiner als 45°, damit sich die Rhomben überhaupt in den Raum erheben können. Im gezeichneten Beispiel mit der Steigung 1 gegenüber der Standebene ist der spitze Rhombenwinkel ≈ 31.3997°.
Abb. 2.1: Start und zwei weitere Schritte
In den zackenförmigen oberen Rand der Startfigur können wir einen weiteren Kranz von Rhomben einfügen (Abb. 2.1b). Diese Rhomben haben dieselbe Kantenlänge wie die Rhomben der Startfigur, die spitzen Winkel sind aber größer geworden. Analog können wir einen dritten Kranz einfügen (Abb. 2.1c). Die Abbildung 2.2 zeigt, wie es weitergeht. Aus Parallelitätsgründen haben sämtliche Rhombenkanten gegenüber der Standebene dieselbe Steigung.
Abb. 2.2a: Ansetzen von Rhombenkränzen
Abb. 2.2b: Weiteres Ansetzen von Rhombenkränzen
Die Figur schließt sich oben (nach sieben Kränzen), und wir haben eine achtteilige Rhombenspindel mit der Kantensteigung 1.
Die Abbildung 2.3 illustriert die Variation der Kantensteigung.
Abb. 2.3: Variation der Kantensteigung
Für den Steigungswinkel 90° der Kanten ergibt sich eine senkrechte Stange der Höhe 8. Für den Steigungswinkel 0° ergibt sich eine ebene Figur mit einem regelmäßigen Achteck als Umriss (Abb. 2.4).
Abb. 2.4: Steigung null, Sicht von oben
Die Figur erinnert an die Fröbel-Legespiele (Abb. 2.5) (Friedrich Fröbel, 1782-1852, deutscher Pädagoge).
Abb. 2.5: Fröbel-Legespiel
Die Abbildung 2.6a zeigt die Rhombenspindel für n = 24 und die Kantensteigung 1. Sie ist eine recht gute Approximation der Kosinusspindel (Abb. 2.6b), welche einen Bogen der Kosinuskurve als Meridian hat.
Abb. 2.6: 24-teilige Rhombenspindel. Kosinusspindel
Tatsächlich ergibt sich bei einer Kantensteigung 1 aus den Rhombenspindeln für wachsendes n die Kosinusspindel als Grenzfigur.
Für eine gegebene Teilung n ergeben sich (n – 1) Kränze. Wir haben also insgesamt n(n – 1) Seitenrhomben.
Die Rhomben verschiedener Rhombenkränze einer Rhombenspindel sind in der Regel nicht kongruent. Die spitzen Winkel variieren. Nun gibt es aber Ausnahmen.
Für n = 3 erhalten wir Rhombenhexaeder mit sechs kongruenten Rhomben als Seitenflächen (Abb. 2.7).
Abb. 2.7: Rhombenhexaeder
Ein Sonderfall ist der Würfel (Abb. 2.8a). Er steht auf einer Ecke, physikalisch ein labiles Gleichgewicht.
Abb. 2.8: Würfel
Man kann mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl auch einen Spielwürfel auf eine (abgerundete) Ecke stellen (Abb. 2.8b). In diesem Fall haben wir sogar ein indifferentes Gleichgewicht.
Für n = 4 erhalten wir Rhombendodekaeder (Abb. 2.9).
Abb. 2.9: Rhombendodekaeder
Die Rhomben sind nun allerdings in der Regel nicht mehr alle kongruent. Die vier Rhomben im Äquatorkranz haben andere Winkel als die Rhomben in den Polkappen. Es gibt nun aber einen Sonderfall mit zwölf kongruenten Rhomben. Um diesen Sonderfall zu finden, berechnen wir die Rhombenwinkel ω und ω‘ in Abhängigkeit des Steigungswinkels α der Kanten gemäß Abbildung 2.10.
Abb. 2.10: Rhombenwinkel und Steigungswinkel der Kanten
Es ist:
Die Abbildung 2.11 zeigt die Funktionsgrafen der beiden Winkel in Abhängigkeit des Steigungswinkels α der Kanten.
Abb. 2.11: Funktionsgrafen
Die beiden Winkel sind gleich für
und betragen dann:
Die Abbildungen 2.12 und 2.13 zeigen das zugehörige regelmäßige Rhombendodekaeder.
Abb. 2.12: Regelmäßiges Rhombendodekaeder
Abb. 2.13: Flechtmodell des regelmäßigen Rhombendodekaeders
Ein zweiter regelmäßiger Fall ist der Grenzfall der senkrechten Stange der Höhe 4.
Mit einer analogen Überlegung wie beim Rhombendodekaeder finden wir für n = 5 das regelmäßige Rhombenikosaeder (Abb. 2.14 und 2.15).
Abb. 2.14: Regelmäßige Rhombenikosaeder
Abb. 2.15: Modell des regelmäßigen Rhombenikosaeders
Beim regelmäßigen Rhombenikosaeder ergibt
sich der spitze Rhombenwinkel ω = arctan(2) ≈ 63.4349°.
Ein zweiter regelmäßiger Fall ist der Grenzfall der senkrechten Stange der Höhe
6.
Man mag sich wundern, warum für n = 5 nicht das regelmäßige Rhombentriakontaeder (Abb. 2.16 und 2.17) erscheint.
Abb. 2.16: Regelmäßiges Rhombentriakontaeder
Abb. 2.17: Flechtmodell des regelmäßigen Rhombentriakontaeders
Das regelmäßige Rhombentriakontaeder hat einen Äquatorkranz von zehn Rhomben mit senkrechten Kanten. Das passt nicht in unser System, wo alle Rhombenkanten gegenüber der Standebene denselben Steigungswinkel haben.
Es gibt aber eine Rhombenspindel mit 30 Rhomben. Dazu ist n = 6 (Abb. 2.18). Die Anzahl der Seitenrhomben ist dann n(n – 1) = 6•5 = 30.
Abb. 2.18: Rhombenspindel mit 30 Seitenrhomben
Es gibt (außer dem Grenzfall der senkrechten Stange der Höhe 6) aber keine Situation mit 30 kongruenten Seitenrhomben.
Die bisher vorgestellten Rhombenspindeln sind konvex. Wir können auch nicht konvexe Rhombenspindeln bauen. Dazu gehen wir vor wie exemplarisch folgt. Wir arbeiten mit n = 5 und ω = 70°. Die Abbildung 3.1 zeigt die Startfigur für den konvexen Fall in einer Ansicht und von oben.
Abb. 3.1: Startfigur für den konvexen Fall
Nun ersetzen wir n = 5 durch n = 5/2 und schauen was passiert (Abb. 3.2).
Abb. 3.2: Startfigur für den nicht konvexen Fall
Die Rhomben richten sich auf und überschneiden sich. Wir haben die Situation des Pentagramms.
Die Abbildung 3.3 zeigt, wie es weitergeht. Die Spindel ist tailliert.
Abb. 3.3: Nicht konvexe Rhombenspindel
In der Abbildung 3.4 wird die Steigung der Rhombenkanten variiert.
Abb. 3.4: Variation der Kantensteigung
Die Abbildung 3.5 zeigt den Fall 13/3.
Abb. 3.5: 13/3
Die Abbildung 3.6 zeigt das Beispiel 13/3 mit der Kantensteigung null in der Sicht von oben.
Abb. 3.6: Fensterrosette
Und nun geht’s zu den Sternen.
Die Abbildungen 4.1 und 4.2 zeigen ein Tetraeder, dessen Kanten mit dem Mittelpunkt flächig verbunden sind.
Abb. 4.1: Kantenmodell des Tetraeders
Abb. 4.2: Papiermodell für das Tetraeder
Bauanleitung für das Papiermodell hier.
Wir haben auf jeder Seite ein Dreikant-Loch.
Der Winkel im Mittelpunkt ist:
Wir können also in jedes Loch eine Rhombenspindel mit n = 3 (ein Hexaeder also) und ω = arccos(–⅓) ≈ 109.4712° einpassen (Abb. 4.3).
Abb. 4.3: Hexaeder einpassen
Die Abbildung 4.4 zeigt das Zusammenfügen ohne das Kantenmodell des Tetraeders.
Abb. 4.4: Zusammenfügen
Die Endfigur ist ein regelmäßiges Rhombendodekaeder (Abb. 4.5, siehe auch Abb. 2.12 und 2.13). Bei dieser Figur fällt es nicht leicht, einen „Stern“ zu sehen.
Abb. 4.5: Regelmäßiges Rhombendodekaeder
In den folgenden Beispielen zeigen wir ohne großen Kommentar das Kantenmodell, den Einpass-Vorgang und die Endfigur.
Abb. 4.6: Kantenmodell des Oktaeders
Es ist n = 3 und ω = 90°. Die einzupassende Rhombenspindel ist ein Würfel.
Abb. 4.7: Würfel zusammenfügen
Abb. 4.8: Endfigur ein Würfel
Auch diese Endfigur kann schwerlich als Stern gesehen werden.
Abb. 4.9: Kantenmodell des Ikosaeders
Es ist n = 3 und ω = arctan(2) ≈ 63.4349°. Die einzupassende Rhombenspindel ist ein Rhombenhexaeder.
Abb. 4.10: Zusammensetzen von 20 Rhombenhexaedern
Abb. 4.11: Stern
Abb. 4.12: Rotation
Abb. 4.13: Flechtmodell des Sterns
Tetraeder, Oktaeder und Ikosaeder haben gleichseitige Dreiecke als Seitenflächen. Wir haben also n = 3. Das heißt, dass wir Rhombenhexaeder einfügen können. In den folgenden Beispielen (Würfel und regelmäßiges Dodekaeder) können wir nun größere Rhombenspindeln einfügen.
Abb. 4.14: Kantenmodell des Würfels
Abb. 4.15: Papiermodell für den Würfel
Bauanleitung für das Papiermodell hier.
Es ist nun n = 4 und ω = arccos(⅓) ≈ 70.5288°. Die einzupassenden Rhombenspindeln sind regelmäßige Rhombendodekaeder (Abb. 4.16, siehe auch Abb. 2.12 und 2.13).
Abb. 4.16: Zusammenfügen von regelmäßigen Rhombendodekaedern
Abb. 4.17: Sechs regelmäßige Rhombendodekaeder
Abb. 4.18: Nun muss sich alles, alles wenden
Abb. 4.19: Kantenmodell des regelmäßigen Pentgondodekaeders
Abb. 4.20: Papiermodell für das regelmäßige Pentagondodekaeder
Es ist nun n = 5 und ω = arcsin(⅔) ≈ 41.8103°.
Die Abbildung 4.21 zeigt das Zusammensetzen der zwölf Rhombenspindeln.
Abb. 4.21: Zusammensetzen der Rhombenspindeln
Abb. 4.22: Der Stern
Abb. 4.23: Rotierender Stern
Nun können wir aber noch einen draufgeben. Im Stern (Abb. 4.22 und 4.23) erkennen wir von drei kongruenten Rhomben gebildete Löcher. Die drei Rhomben haben eine Ecke mit drei spitzen Winkeln ω2 = arccos(⅓) ≈ 70.5288° gemeinsam. Wir können also ein Rhombenhexaeder einfügen. Die Abbildungen 4.24 und 4.25 zeigen das erste derart eingefügte gelbe Rhombenhexaeder.
Abb. 4.24: Einfügen eines gelben Rhombenhexaeders
Abb. 4.25: Eingefügtes Rhombenhexaeder
Die Abbildung 4.26 zeigt sämtliche derartige gelbe Rhombenhexaeder, es sind 20 Stück. Wer’s nicht glaubt, kann nachzählen (Abb. 4.27).
Abb. 4.26: 20 eingefügte gelbe Rhombenhexaeder
Abb. 4.27: Rotation
Die zwölf roten Rhombenspindeln haben eine Ecke im Mittelpunkt gemeinsam. Die gelben Rhombenhexaeder reichen aber nicht bis zum Mittelpunkt (Abb. 4.28).
Abb. 4.28: Räumliche Anordnung der gelben Rhombenhexaeder
Jetzt können wir aber noch einen zweiten draufgeben. In der Figur der Abbildungen 4.26 und 4.27 erkennen wir von vier kongruenten Rhomben gebildete Löcher. Diese vier Rhomben sind abwechslungsweise rot und gelb, aber symmetrisch so angeordnet, dass ihre kurzen Diagonalen ein Quadrat bilden. Die vier Rhomben haben eine Ecke mit vier spitzen Winkeln ω2 = arccos(⅓) ≈ 70.5288° gemeinsam. Wir können also eine Rhombenspindel mit n = 4 einfügen (grün in Abb. 4.29 und 4.30). Die einzufügende Rhombenspindel ist ein regelmäßiges Rhombendodekaeder (vgl. Abb. 2.12 und 2.13).
Abb. 4.29: Einfügen eines regelmäßigen Rhombendodekaeders
Abb. 4.30: Eingefügtes regelmäßiges Rhombendodekaeder
Abb. 4.31: Dreißig regelmäßige Rhombendodekaeder
Abb. 4.32: Wie man’s auch dreht und wendet, die gelben sieht man nicht
Unsere Sternkonstruktion funktioniert mit allen Polyedern, welche eine konstante Kantenlänge sowie eine Umkugel haben. Dazu gehören die platonischen Körper und die archimedischen Körper, aber auch andere Polyeder.
Im Folgenden einige Beispiele mit archimedischen Körpern als Grundlage.
Abb. 4.33: Kantenmodell des Kuboktaeders
Abb. 4.34: Papiermodell
Wir haben jetzt sowohl dreieckige wie auch quadratische Löcher, wir können also mit Rhombenspindeln für n = 3 (gelb in Abb. 4.35) und für n = 4 (rot in Abb. 4.35) arbeiten. Die Winkel im Mittelpunkt sind alle ω = 60°.
Abb. 4.35: Zusammensetzen
Abb. 4.36: Stern
Abb. 4.37: Rotation
Abb. 4.38: Kantenmodell des Hexaederstumpfes
Wir können mit Rhombenspindeln für n = 3 und n = 8 arbeiten. Für den Winkel ω im Mittelpunkt erhalten wir:
Abb. 4.39: Zusammensetzen
Abb. 4.40: Stern
Abb. 4.41: Rotation
Wir können Sterne der Abbildung 4.40 linear zusammensetzen (Abb. 4.41a).
Abb. 4.42: Lineare Zusammensetzung
Es geht aber auch in drei Dimensionen (Abb. 4.43).
Abb. 4.43: Dreidimensionale Zusammensetzung
Ab. 4.44: Frontale Sicht
Abb. 4.45: Blick über die Kante
Abb. 4.46: Blick über die Ecke
Abb. 4.47: Ikosaederstumpf (Fußball)
Es ist n = 5 und n = 6 sowie:
Abb. 4.48: Zusammenfügen
Abb. 4.49: Stern
Abb. 4.50: Rotation
Abb. 4.51: Großes Rhombenkuboktaeder
Wir haben n = 4, n = 6 und n = 8, sowie
Abb. 4.52: Zusammenfügen
Abb. 4.53: Stern
Abb. 4.54: Rotation
Abb. 4.55: Siebenteiliges Prisma
Wir haben n = 4 und n = 7 sowie:
Abb. 4.56: Zusammenfügen
Abb. 4.57: Rhombenburger
Abb. 4.58: Rotation
Abb. 4.59: Asymmetrisches Beispiel
Wir haben viermal n = 3, dreizehnmal n = 4 und einmal n = 8. Weiter ist:
Abb. 4.60: Zusammensetzung
Abb. 4.61: Osterei
Weblinks
Hans Walser: Kantenmodell des Würfels und des Tetraeders
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/K/Kantenmodell_Wuerfel/Kantenmodell_Wuerfel.htm
Hans Walser: Kuboktaeder-Kantenmodell
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/K/Kuboktaeder-Kantenmodell/Kuboktaeder-Kantenmodell.htm
Hans Walser: Kuboktaeder-Stern
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/K/Kuboktaeder-Stern/Kuboktaeder-Stern.html
Hans Walser: Langer Würfel
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/L/Langer_Wuerfel/Langer_Wuerfel.html
Hans Walser: Rhombendodekaeder
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombendodekaeder/Rhombendodekaeder.htm
Hans Walser: Rhombendodekaeder
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombendodekaeder2/Rhombendodekaeder2.htm
Hans Walser: Rhombendodekaeder aus zwölf Bauteilen
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombendodekaeder3/Rhombendodekaeder3.htm
Hans Walser: Rhombendodekaederstern
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombendodekaederstern/Rhombendodekaederstern.htm
Hans Walser: Rhombenfiguren
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombenfiguren/Rhombenfiguren.htm
Hans Walser: Rhombenhexaeder
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombenhexaeder2/Rhombenhexaeder2.html
Hans Walser: Rhombenhexaeder
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombenhexaeder3/Rhombenhexaeder3.html
Hans
Walser: Rhombentriakontaeder
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombentriakontaeder/Rhombentriakontaeder.html
Hans
Walser: Rhombic Dodecahedron in the Cube
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rhombic_Dodecahedron/Rhombic_Dodecahedron.htm
Hans Walser:
Würfelstern
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/W/Wuerfelstern/Wuerfelstern.html