Hans Walser, [20180107]

SchrŠgkanten-Modelle

Idee und Anregung: Thomas MŸller, KPH Krems

1     Worum geht es

Aus einem einzigen Streifen kšnnen wir mit geeigneten Faltlinien Modelle bauen, deren Ecken auf Ecken der platonischen Kšrper liegen. Die Modelle halten in der Regel ohne Bindemittel und sind leicht wieder zerlegbar.

Die Methode erlaubt auch eine Faltkonstruktion des regelmŠ§igen Siebenecks.

2     Oktaeder

FŸr das Oktaeder arbeiten wir mit einem Streifen der Abbildung 1.

Abb. 1: Streifen fŸr das Oktaeder

Der Streifen besteht aus drei Quadraten plus einem †berlappungsquadrat. Dieses ist mit dem ersten Quadrat zu identifizieren.

Zwischen den Quadraten bringen wir Bergfalte (blau) an.

Weiter falten wir je eine der Diagonalen als Talfalte (rot). Die gefalteten Diagonalen mŸssen parallel sein.

Werden in der Abbildung 1 die Begriffe Bergfalte und Talfalte vertauscht, ergibt sich ein spiegelbildliches Modell.

Nun falten wir lŠngs der kurzen (blauen) Faltkanten ganz zusammen und fixieren allenfalls provisorisch mit einer BŸroklammer. Die BŸroklammern kšnnen nach dem Zusammenbau wieder entfernt werden. Der Rest ergibt sich von selber.

FŸr das Modell der Abbildung 2 wurde Papier mit unterschiedlicher FŠrbung auf beiden Seiten verwendet.

Abb. 2: Oktaeder

Oft hŠlt das Modell auch von selbst. Falls nicht, lassen wir eine BŸroklammer stecken (Abb. 3) oder verleimen.

Abb. 3: Die einsame BŸroklammer

Auf den ersten Blick sieht man das Oktaeder vielleicht nicht, sondern ein Antiprisma mit einem gleichseitigen Dreieck als Grund- und DeckflŠche. Aber genau das ist ein Oktaeder.

Unser Modell enthŠlt 9 der 12 Oktaederkanten. DafŸr sind alle drei Diagonalen vorhanden und sichtbar. Die Abbildung 4a zeigt das Modell in der Ÿblichen Oktaederansicht. Die Abbildung 4b zeigt die vorhandenen Kanten und Diagonalen. Die Diagonalen entstanden aus den roten Diagonalenfalten der Abbildung 1. Die blauen Kanten sind die drei Falten zwischen den Quadraten der Abbildung 1. Die schwarzen Kanten (wir haben zwei schwarze gleichseitige Dreiecke) sind die oberen und unteren Schnittkanten der Abbildung 1. Die drei zum Oktaeder noch fehlenden Kanten sind grŸn nachgetragen.

Abb. 4:  Ansicht und Kantenschema

3     WŸrfel

FŸr den WŸrfel arbeiten wir mit einem Streifen gemŠ§ Abbildung 5.

Abb. 5: Streifen fŸr den WŸrfel

Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis . Das ist das DIN-Format (Walser 2013b). Die blauen Faltkanten werden zu SeitenflŠchendiagonalen, die roten zu Raumdiagonalen des WŸrfels.

Die Abbildung 6 zeigt das zugehšrige Modell. Es ist eine Art Doppelpyramide.

Abb. 6: WŸrfel

Die Abbildung 7 zeigt die Einbettung in den WŸrfel. Wir sehen, dass die vier senkrechten WŸrfelkanten fehlen und grŸn nachgetragen werden mŸssen.

Abb. 7: Einbettung in den WŸrfel

4     Angebotskorb

Die Rechteckhšhen in der Abbildung 5 kšnnen beliebig verŠndert werden. Das Modell passt dann nicht mehr in einen WŸrfel sondern in ein Prisma mit quadratischer GrundflŠche.

Solche Kartonmodelle dienen in LŠden gelegentlich als PrŠsentier- und Angebotskšrbe. Sie haben den Vorteil, dass sie fŸr den Transport flachgelegt werden kšnnen. Im Kleinformat kšnnen sie auch als BehŠlter fŸr BŸromaterial benutzt werden (Abb. 8).

Abb. 8: BŸromaterial

5     Nochmals WŸrfel

FŸr ein zweites Modell zum WŸrfel arbeiten wir mit einem Streifen gemŠ§ der Abbildung 9. Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis . Sie sind wiederum im DIN-Format, aber nun im Querformat.

Abb. 9: Streifen fŸr den WŸrfel

In der Abbildung 10 sehen wir das Modell von oben. Was hat das sichtbare gleichseitige Dreieck mit dem WŸrfel zu tun?

Abb. 10: Modell

Die Abbildung 11 zeigt die Einbettung in den WŸrfel. Die gleichseitigen Dreiecke oben und unten des Modells werden aus SeitenflŠchendiagonalen des WŸrfels gebildet.

Nur sechs der acht WŸrfelecken werden vom Modell erreicht.

Abb. 11: Einbettung in den WŸrfel

6     Dodekaeder

FŸr das Dodekaeder arbeiten wir mit einem Streifen gemŠ§ Abbildung 12. Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis . Dabei ist  der Goldene Schnitt (Walser 2013a).

Abb. 12: Streifen fŸr Dodekaeder

Die Abbildung 13 zeigt das Modell. Wie alle unsere Modelle ist es eine Art Doppelpyramide.

Abb. 13: Passt in ein Dodekaeder

Das Modell sieht zwar elegant aus, aber es hat nur zehn Ecken, nŠmlich das GrundfŸnfeck und das DeckfŸnfeck. Das Dodekaeder (Abb. 14) hat aber 20 Ecken.

Das Dodekaedermodell der Abbildung 14 besteht aus zwšlf Pyramiden. Diese haben ihre Spitze gemeinsam im Zentrum. Sie sind kongruent zu den beiden Pyramiden des Modells der Abbildung 13.  

Abb. 14: Dodekaeder

Das Modell der Abbildung 13 passt genau in die fŸnf Ecken des GrundfŸnfeckes des Dodekaeders der Abbildung 14 und die fŸnf Ecken des DeckfŸnfeckes. Die Abbildung 15 illustriert die Einbettung.

Abb. 15: Einbettung in das Dodekaeder

Die fehlenden zehn Ecken des Dodekaeders finden wir mit einem Streifen der Abbildung 16. Die  Streifen haben ein SeitenverhŠltnis . Wir haben es wieder wie bei der Abbildung 5, wo es um den WŸrfel ging, mit dem DIN-Format zu tun. Die †berraschung legt sich, wenn wir uns Ÿberlegen, dass man auf dem Dodekaeder mit SeitenflŠchendiagonalen einen WŸrfel festlegen kann.

Abb. 16: Streifen fŸr Dodekaeder

Die Abbildung 17 zeigt das zugehšrige Modell.

Abb. 17: Passt in ein Dodekaeder

In der Abbildung 18 sehen wir die Einbettung in das Dodekaeder.

Abb. 18: Einbettung in das Dodekaeder

7     Ikosaeder

FŸr das Ikosaeder arbeiten wir mit einem Streifen der Abbildung 19. Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis , sind also Goldene Rechtecke.

Abb. 19: Streifen fŸr Ikosaeder

Die Abbildung 20 zeigt das Modell. Es passt in ein Ikosaeder (Abb. 21).

Abb. 20: Passt in ein Ikosaeder

Abb. 21: Einbettung in das Ikosaeder

Es gibt auch eine andere Lšsung. Dazu arbeiten wir mit dem Streifen der Abbildung 22. Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis , sind also ebenfalls Goldene Rechtecke.

Abb. 22: Streifen fŸr Ikosaeder

Die Abbildung 23 zeigt das Modell.

Abb. 23: Modell

Die Abbildung 24 zeigt die Einbettung in das Ikosaeder. Wer mit der Figur nicht klarkommt, bastelt ein Modell.

Abb. 24: Einbettung in das Ikosaeder

8     Tetraeder?

Das Tetraeder hat als einziges von den platonischen Polyedern keine parallelen SeitenflŠchen. Es hat keine Punktsymmetrie.

Daher kšnnen wir mit unserer Methode kein passendes Modell bauen.

Wir kšnnen aber das Tetraeder an seinem Mittelpunkt spiegeln. Zusammen mit dem Spiegelbild ergibt sich der Kepler-Stern. Der hat aber dieselben Ecken wie der WŸrfel. Unsere Modelle fŸr den WŸrfel passen auch in den Keplerstern.

9     Flache regelmŠ§ige Polygone

Wir kšnnen jedes regelmŠ§ige Polygon mit unserer Methode bauen. FŸr das regelmŠ§ige Dreieck arbeiten wir mit einem Streifen gemŠ§ Abbildung 25. Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis . Der stumpfe Diagonalenschnittwinkel ist 120¡. Das ist ein Drittel des vollen Winkels.

Abb. 25: Streifen fŸr Dreieck

Die Abbildung 26 zeigt das Modell.

Abb. 26: Dreieck

FŸr das regelmŠ§ige FŸnfeck arbeiten wir mit einem Streifen gemŠ§ Abbildung 27. Die  Rechtecke haben das SeitenverhŠltnis . Der spitze Diagonalenschnittwinkel ist 72¡. Das ist ein FŸnftel des vollen Winkels.

Abb. 27: Streifen fŸr das FŸnfeck

Die Abbildung 28 zeigt das Modell.

Abb. 28: FŸnfeck

Wir sehen, wie der Hase lŠuft.

10  Allgemein

Wir kšnnen zu jedem Prisma mit einem regelmŠ§igen Vieleck gerader Eckenzahl als GrundflŠche (exemplarisch ein Sechseck in Abb. 29a) und zu jedem Antiprisma mit einem regelmŠ§igen Vieleck ungerader Eckenzahl als GrundflŠche (exemplarisch ein Siebeneck in Abb. 29b) ein Modell nach unserer Methode bauen.

Abb. 29: Allgemeiner Fall

Der Streifen besteht aus den in der Abbildung 29 eingezeichneten Rechtecken. FŸr ein n-Eck als GrundflŠche braucht es  Rechtecke. Die Hšhe der Rechtecke ist irrelevant.

11  Das regelmŠ§ige Siebeneck

Das regelmŠ§ige Siebeneck ist nach einem Satz von Gau§ nicht mit Zirkel und Lineal konstruierbar. Hingegen kšnnen wir mit unserer Faltmethode ein Siebeneck konstruieren.

Abb. 30: Modell mit Siebeneck

Das Modell der Abbildung 30 wurde aus einem lŠngs der langen Mittellinie halbierten DIN A4-Papier gefaltet (es geht auch mit anderen Rechteckformaten, insbesondere US Letter). Durch mehrmaliges Halbieren erfalten wir eine Folge von acht Rechtecken. Das genaue SeitenverhŠltnis der Rechtecke ist nicht relevant. Und dann geht es weiter wie gehabt. Die Abbildung 31 zeigt das Modell von der BŸroklammerseite.

Abb. 31: Modell mit BŸroklammer

Die Abbildung 32 schlie§lich zeigt das Modell von oben. Wir sehen das Siebeneck.

Abb. 32: Siebeneck

Literatur

Walser, Hans (2013a): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-85-1.

Walser, Hans (2013b): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Trapez – DIN-Quader. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-69-1.

 

Abbildungsnachweis

Abb. 8: Heinz Slepcevic, Graz

Alle Ÿbrigen Abbildungen durch den Autor