Hans Walser, [20070130a]
Fortlaufende Spiegelung an den Seiten eines Sehnenvieleckes mit gerader Eckenzahl
In einem Vieleck mit Umkreis (Sehnenvieleck) wird fortlaufend an den Seiten gespiegelt. Bei gerader Eckenzahl entsteht eine Translation, bei ungerader Eckenzahl eine Schubspiegelung.
Stichworte:
Evolvente, Geradenspiegelungen, ParitŠt, Peripheriewinkel, RegelmŠ§ige Vielecke, Rotationen, Sehnenviereck, Symmetrie, Translationen, Zusammensetzung von Abbildungen.
Es seien die Seiten eines
Sehnenvieleckes mit gerader Eckenzahl. Dann ist
eine Translation.
FŸr ist
und
.
FŸr ergibt sich ein
Sehnenviereck. Die Sehnen sind verlŠngert gezeichnet, um die Spiegelungen
besser sichtbar zu machen.
Sehnenviereck
Das allgemeine Viereck liefert ein Gegenbeispiel.
Gegenbeispiel
FŸr ergibt sich ein
Sehnensechseck.
Sehnensechseck
Noch fŸr das
Sehnenachteck.
Sehnenachteck
FŸr das
Sehnenviereck ist die Sache einfach. Es sei der Au§enwinkel
und
der Eckpunkt
zwischen
und der
Folgeseite
. Dann zerfŠllt
in zwei
Rotationen, nŠmlich
und
. Nun hat aber das Sehnenviereck die Winkeleigenschaft:
(und auch
). Somit ist die Abbildung
insgesamt eine
Rotation (mit einem unbekannten Drehzentrum) und dem totalen Drehwinkel
, also eine Translation.
Die Frage
ist nun, ob sich die Winkeleigenschaft des Sehnenviereckes geeignet verallgemeinern
lŠsst, um die Feststellung Ÿber die Abbildung zu beweisen.
Dazu exemplarisch und experimentell ein Sehnensechseck.
Sehnensechseck mit Au§enwinkeln
Im Beispiel ist
Da die
Auenwinkelsumme 360¡ ist, haben wir auch .
Wir vermuten:
Im Sehnenvieleck mit 2n Ecken gilt die Winkelbeziehung:
FŸr (Sehnenviereck)
gilt die Beziehung.
Induktionsannahme:
Die Beziehung gelte fŸr Eckenzahlen kleiner als 2n. Wir zerlegen nun das Sehnenvieleck mit der Diagonalen
in das
Sehnenvieleck
und das
Sehnenviereck
gemŠ§ Figur.
Beweisfigur
Dann ist nach Induktionsvoraussetzung
und
.
Addition liefert
.
Nun ist
aber . Damit erhalten wir
.
Wegen der
Au§enwinkelsumme ist dann aber
auch:
Damit ist die Vermutung Ÿber die Winkeleigenschaft im Sehnenviereck mit gerader Eckenzahl bewiesen.
Die Winkelbeziehung lŠsst sich auch durch eine dynamische †berlegung nachweisen.
Bewegen eines Punktes
Wenn wir
einen Punkte mit zum Beispiel ungeradem Index auf dem Kreis bewegen, Šndert der
zugehšrige Au§enwinkel nicht (Peripheriewinkel). Die Ÿbrigen Winkel mit
ungeradem Index bleiben unangetastet. Damit bleibt bei diesem Prozess die Summe
fŸr die ungeraden
Indizes unverŠndert und damit auch die Summe
fŸr die geraden
Indizes, obwohl die beiden zum bewegten Punkt benachbarten Winkel verŠndert
werden, aber eben gegengleich.
Nun bewegen wir die Punkte des 2n-Eckes, bis wir ein regelmŠ§iges 2n-Eck haben. Dort ist die Winkeleigenschaft aus SymmetriegrŸnden erfŸllt. Damit gilt sie auch fŸr das unregelmŠ§ige 2n-Eck. Ich finde diesen Beweis schšner als den Induktionsbeweis.
Wir
zerlegen in n Paare
. Das macht insgesamt eine Rotation um
, also eine Translation.
FŸr ein
Sehnenvieleck mit ungerader Eckenzahl ist
eine
Schubspiegelung und erst
eine Translation.
Wir brauchen zwei UmgŠnge.
SehnenfŸnfeck
Beim
allgemeinen Sehnenviereck mit gerader Eckenzahl ist der Translationsvektor von
der Verteilung der Eckpunkte auf dem Umkreis abhŠngig. Bei regelmŠ§igen
Vielecken hŠngt der Translationsvektor nur von der Eckenzahl 2n ab. Bei regelmŠ§igen 2n-Ecken haben wir einen konstanten
Au§enwinkel .
Im folgenden sei der Umkreis jeweils der Einheitskreis. Dann gilt:
Im regelmŠ§igen 2n-Eck ist
mit
Beweis: Wir fassen die Spiegelungen paarweise zusammen:
Damit ist:
Der
Drehwinkel ist der
Au§enwinkel des regelmŠ§igen n-Eckes
, das entsteht, wenn wir aus dem ursprŸnglichen 2n-Eck jede zweite Ecke auswŠhlen.
Nun
bilden wir exemplarisch einen Punkt ab; da wir schon wissen, dass die Gesamtabbildung
eine Translation ist, genŸgt das, um den Translationsvektor zu bestimmen. Wir
wŠhlen den Urbildpunkt .
Wenn wir
ãdurchspiegelnÒ, erhalten wir mit
.
Wenn wir
ãdurchdrehenÒ, erhalten wir mit
.
Die
folgende Figur zeigt dieses ãDurchdrehenÒ fŸr den Fall , also dem regelmŠ§igen Zehneck mit dem regelmŠ§igen FŸnfeck
als Hilfsfigur.
†berlegungsfigur
Bei der
ersten Drehung (um ) erhalten wir
. Bei der Drehung um
erhalten wir
und so weiter und
so fort, und schlie§lich bei der letzten Drehung (um
) den gesuchten Endpunkt
. Die Drehradien nehmen bei jeder Drehung um die SeitenlŠnge
des regelmŠ§igen n-Eckes
zu. Somit erhalten
wir :
Die LŠnge
des Translationsvektors ist gleich dem Umfang des regelmŠ§igen n-Eckes . Der Translationsvektor kann also nicht beliebig lang
werden, vielmehr gilt:
Bei den
in der †berlegungsfigur eingezeichneten Bahnkurven handelt es sich um so
genannte WŠlzkurven oder Evolventen des regelmŠ§igen n-Eckes .
Die folgende Figur zeigt die Evolvente des Kreises.
Evolvente