Hans Walser, [20210502]

Spiralen in Rechtecken

1   Worum geht es?

In Rechtecke werden eckige logarithmische Spiralen eingebaut. Dabei wird mit rechtwinkligen Dreiecken gearbeitet. Wir erhalten auch einen geometrischen Zugang zu pythagoreischen Dreiecken.

Viele Bildchen.

2   Beispiele

Die Rechtecke haben die Seiten u und v mit u > v. Quadrate sind also ausgeschlossen.

2.1  Das silberne Rechteck

Das sogenannte silberne Rechteck hat das SeitenverhŠltnis . Es kann mit vier rechtwinklig gleichschenkligen Dreiecken (Geo-Dreiecken) ausgelegt werden (Abb. 1). Der Diagonalenschnittwinkel misst 45¡.

Abb.1: Silbernes Rechteck

Das Loch in der Mitte ist ebenfalls ein silbernes Rechteck (Beweis allgemein mit Rechnung, siehe unten). Wir kšnnen also eine geeignet verkleinerte und verdrehte Kopie der Figur der Abbildung 1 einpassen (Abb. 2).

Abb. 2: Einpassen einer Kopie

Iteration des Prozesses fŸhrt zu vier FlŠchenspiralen (Abb. 3).

Abb. 3: Vier FlŠchenspiralen

Eine rote und eine blaue FlŠchenspirale bestehen aus den gleichen Dreiecken. Sie sind also flŠchengleich. Sie sind aber nicht kongruent. Bei der roten FlŠchenspirale ist eine Kathete des nachfolgenden Dreiecks an die Hypotenuse des vorangehenden Dreiecks angesetzt. Bei der blauen FlŠchenspirale ist es umgekehrt.

Die Abbildung 4 zeigt die Randlinien der vier FlŠchenspiralen. Diese Randlinien sind kongruent.

Abb. 4: Randlinien

Die Randlinien sind eckige logarithmische Linienspiralen. Ihre Ecken liegen auf logarithmischen Spiralen (Abb. 5).

Abb. 5: Logarithmische Spiralen

Die roten FlŠchenspiralen haben im Zentrum — intuitiv gesprochen — einen spitzeren ãWinkelÒ als die blauen. Die Frage ist, wie ein solcher ãWinkelÒ definiert werden kann.

Die eckigen logarithmischen Spiralen der Abbildung 4 kšnnen um 90¡ gedreht werden. Die Gesamtfigur passt in ein regelmŠ§iges Achteck (Abb. 6).

Abb. 6: RegelmŠ§iges Achteck

Entsprechend kšnnen wir acht FlŠchenspiralen der roten Sorte (Abb. 3) in ein regelmŠ§iges Achteck einpassen (Abb. 7).

Abb. 7: Acht FlŠchenspiralen im Achteck

Es ist daher sinnvoll, den roten FlŠchenspiralen im Zentrum einen Winkel von 45¡ zuzuordnen. Den blauen FlŠchenspiralen (Abb. 3) kšnnen wir den ErgŠnzungswinkel 135¡ zuordnen. Diese Winkel entsprechen den Schnittwinkeln der Diagonalen des silbernen Rechteckes.

Der Winkel 135¡ der blauen FlŠchenspiralen ist kein Teiler des vollen Winkels 360¡. Wir kšnnen daher mit den blauen FlŠchenspiralen allein nicht den vollen Winkel ausfŸllen.

Hingegen kšnnen wir die zyklische Reihenfolge von zwei FlŠchenspiralen mit einem Zentrumswinkel 45¡ und zwei FlŠchenspiralen mit einem Zentrumswinkel 135¡ abŠndern. In der Abbildung 8 haben wir die Situation 45¡ + 135¡ +135¡ + 45¡. Der Umriss der Gesamtfigur ist ein Drachenviereck, das gleichzeitig in Sehnenviereck ist. Der spitze Winkel ist 45¡.

Abb. 8: Andere zyklische Reihenfolge

Die Figur lŠsst sich in ein regelmŠ§iges Achteck einpassen (Abb. 9).

Abb. 9: Im Acheck

2.2  30¡-60¡-90¡-Dreiecke

Wir arbeiten mit rechtwinkligen Dreiecken mit den Winkeln 30¡, 60¡ und 90¡. Das entstehende Rechteck (Abb. 10) hat den Diagonalenschnittwinkel 60¡. Das SeitenverhŠltnis ist .

Abb. 10: Diagonalenschnittwinkel 60¡

Entsprechend haben die FlŠchenspiralen den Zentrumswinkel 60¡ und 120¡ (Abb. 11).

Abb. 11: FlŠchenspiralen mit Zentrumswinkeln 60¡ und 120¡

Wir kšnnen sechs FlŠchenspiralen mit Zentrumswinkel 60¡ in ein regelmŠ§iges Sechseck einpassen (Abb. 12).

Abb. 12: Im Sechseck

Wir kšnnen aber auch drei FlŠchenspiralen mit einem Zentrumswinkel 120¡ in ein gleichseitiges Dreieck einpassen (Abb. 13).

Abb. 13: Im Dreieck

Die Figur lŠsst sich trivialerweise in ein regelmŠ§iges Sechseck einpassen (Abb. 14).

Abb. 14: Im Sechseck

Die Abbildung 15 zeigt eine andere zyklische Reihenfolge der FlŠchenspiralen der Abbildung 11. Die Zentrumswinkel sind 60¡ + 120¡ + 120¡ + 60¡.

Abb. 15: Andere Reihenfolge

Wir erhalten ein Drachenviereck, das gleichzeitig ein Sehnenviereck ist. Der spitze Winkel ist 60¡. Sechs solche Figuren kšnnen wir zu einem regelmŠ§igen Sechseck zusammenfŸgen (Abb. 16).

Abb. 16: Im Sechseck

Die Abbildung 17 zeigt eine Mischversion mit einer 120¡-FlŠchenspirale (blau) und vier 60¡-FlŠchenspiralen.

Abb. 17: Mischversion

Mit Figuren der Abbildung 17 kann ein Parkett ausgelegt werden (Abb. 18).

Abb. 18: Parkett

2.3  18¡-72¡-90¡-Dreiecke

Wir arbeiten mit rechtwinkligen Dreiecken mit den Winkeln 18¡, 72¡ und 90¡. Das entstehende Rechteck (Abb. 19) hat den Diagonalenschnittwinkel 72¡.

Abb.19: Diagonalenschnittwinkel 72¡

Entsprechend haben die FlŠchenspiralen den Zentrumswinkel 72¡ und 108¡ (Abb. 20).

Abb. 20: FlŠchenspiralen mit Zentrumswinkeln 72¡ und 108¡

Wir kšnnen die zyklische Reihenfolge der FlŠchenspiralen verŠndern. Die Abbildung 21 zeigt die Version mit der Reihenfolge 72¡ + 108¡ + 108¡ + 72¡.

Abb. 21: Andere Reihenfolge

Wir erhalten ein Drachenviereck, das gleichzeitig ein Sehnenviereck ist. Der spitze Winkel ist 72¡. Wir kšnnen daher die Figur in ein regelmŠ§iges FŸnfeck einpassen  (Abb. 22).

Abb. 22: Im FŸnfeck

Mit regelmŠ§igen FŸnfecken lŠsst sich kein Parkett auslegen. Hingegen kšnnen wir mit den Drachenvierecken der Abbildung 21 ein Parkett auslegen (Abb. 23).

Abb. 23: Parkett

Weiter kšnnen wir natŸrlich auch fŸnf FlŠchenspiralen mit einem Zentrumswinkel 72¡ in ein regelmŠ§iges FŸnfeck einpassen (Abb. 24).

Abb. 24: Im FŸnfeck

2.4  Im DIN-Rechteck

Das DIN-Rechteck hat ein SeitenverhŠltnis . Sein Diagonalenschnittwinkel ist . Da dieser Winkel kein Teiler von 360¡ ist, besteht auch keine Mšglichkeit des Einbettens der FlŠchenspiralen in ein regelmŠ§iges Vieleck. Die Abbildung 25 zeigt die Startsituation. Der grš§ere der beiden spitzen Winkel der rechtwinkligen Dreiecke ist gleich dem Diagonalenschnittwinkel. Das schrŠge Loch ist ebenfalls ein DIN-Rechteck.

Abb. 25: Start im DIN-Rechteck

Wir erhalten schlie§lich vier FlŠchenspiralen, zwei mit dem Zentrumswinkel von etwa 70.5288¡ und zwei mit dem Zentrumswinkel von etwa 109.4712¡. Diese beiden Winkel sind die Diederwinkel (Winkel zwischen zwei SeitenflŠchen mit gemeinsamer Kante) des regelmŠ§igen Tetraeders beziehungsweise des regelmŠ§igen Oktaeders.

Abb. 26: FlŠchenspiralen im DIN-Rechteck

Da der Zentrumswinkel der FlŠchenspiralen kein Teiler von 360¡ ist, ergibt sich beim ZusammenfŸgen eine LŸcke (Abb. 27).

Abb. 27: LŸcke

Wie Ÿblich kšnnen wir die zyklische Reihenfolge der Figur der Abbildung 26 verŠndern und erhalten ein Drachenviereck, das auch ein Sehnenviereck ist (Abb. 28).

Abb. 28: VerŠnderte Reihenfolge

3   Allgemein

Das Spielchen mit den vier FlŠchenspiralen kann in einem beliebigen Rechteck (ausgenommen in einem Quadrat) gemacht werden.

3.1  Das rechtwinklige Dreieck

Das fŸr die FlŠchenspiralen benštigte rechtwinklige Dreieck kann auf zwei Arten konstruiert werden.

Die erste Methode geht so: Wir schneiden gemŠ§ Abbildung 29 die Mittelsenkrechte einer Rechteckdiagonalen mit einer Langseite des Rechteckes und erhalten zusammen mit einer Schmalseite des Rechteckes das gesuchte rechtwinklige Dreieck. 

Abb. 29: Konstruktion des Startdreieckes

BegrŸndung: In der Startsituation mit vier kongruenten rechtwinkligen Dreiecken bilden die vier Hypotenusen einen Rhombus (Abb. 30). Unsere Diagonalen-Konstruktion fŸhrt zu diesem Rhombus.

Abb. 30: Rhombus

Das in der Abbildung 31 gelb markierte Viereck hat zwei gegenŸberliegende rechte Winkel und ist daher in Sehnenviereck. Der Umkreis dieses Sehnenvierecks verlŠuft durch zwei mit einer Schmalseite verbundene Rechteck-Ecken und den Mittelpunkt des Rechteckes. Damit erhalten wir die zweite Methode zur Konstruktion des fŸr die FlŠchenspirale benštigten rechtwinkligen Dreieck: wir zeichnen den Kreis durch zwei mit einer Schmalseite verbundene Ecken und den Mittelpunkt des Rechteckes und schneiden diesen Kreis mit einer Langseite.

Abb. 31: Sehnenviereck

Wir interpretieren nun diesen Kreis als Ortsbogen Ÿber der Schmalseite (Abb. 32):

Abb. 32: Ortsbogen

Damit wird klar, dass der grš§ere der beiden spitzen Winkel des rechtwinkligen Dreiecks gleich dem Diagonalen-Schnittwinkels des Rechteckes ist.

3.2  Etwas Rechnung

Wir arbeiten mit den Bezeichnungen der Abbildung 33.

Abb. 33: Bezeichnungen

Es ist:

 

                                                                                                                 (1)

 

 

 

 

 

 

Zu gegebenem u, v ist (1) ein Gleichungssystem fŸr a, b, c. Es hat die Lšsung:

 

                                                                                                                     (2)

 

 

 

 

 

 

Das Lochrechteck hat die Langseite b = v und die Schmalseite . Damit erhalten wir das SeitenverhŠltnis:

 

                                                                                                                 (3)

 

 

 

 

Das Lochrechteck ist also Šhnlich zum Startrechteck.

Die Transformation vom Startrechteck auf das Lochrechteck ist eine Drehstreckung mit dem Zentrum im Mittelpunkt des Startrechteckes. Der Drehwinkel ist der Winkel , der kleinere der beiden spitzen Winkel des rechtwinkligen Dreiecks. Das ist der ErgŠnzungswinkel des Diagonalen-Schnittwinkels  auf den rechten Winkel. Es ist:

 

                                                                                                   (4)

 

 

 

 

FŸr den Streckfaktor f erhalten wir:

 

                                                                                                                 (5)

 

 

 

 

4   Pythagoreische Spiralen

4.1  Beispiel

FŸr u = 2 und v = 1 erhalten wir nach (2):

 

                                                                                         (6)

 

 

 

 

Das ist das einfachste pythagoreische Dreieck (Abb. 34).

Abb. 34: Pythagoreische Dreiecke und Spiralen

Es ist  und .

4.2  Allgemein

Primitive (teilerfremde) pythagoreische Zahlentripel kšnnen wie folgt parametrisiert werden: wir wŠhlen zwei teilerfremde natŸrliche Zahlen u, v ungleicher ParitŠt (nicht beide gerade oder beide ungerade) mit u > v. Dann ist

 

                                                                     (7)

 

 

 

 

ein pythagoreisches Zahlentripel. Vergleich mit (2) zeigt, dass unser rechtwinkliges Dreieck (bis auf den Skalierungsfaktor 2u) das zugehšrige pythagoreische Dreieck ist. Wir haben also (Abschnitt 3.1) zwei geometrische Methoden, aus u und v das zugehšrige pythagoreische Dreieck zu konstruieren.

 

Websites

Hans Walser: Rechtecksunterteilung
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/R/Rechtecksunterteilung3/Rechtecksunterteilung3.htm