Hans Walser, [20160912]

Anregung: Manfred Schmelzer, Regensburg

Stern im Viereck

1     Worum geht es

Es wird eine Sternfigur im Viereck (Abb. 1) besprochen.

Abb. 1: Stern im Viereck

2     Schnittpunkt

Im Viereck finden wir einen Schnittpunkt von drei Geraden wie folgt: Wir beginnen mit einem beliebigen Viereck und wŠhlen darin einen Punkt (Abb. 2).

Abb. 2: Viereck mit Punkt

Wir ergŠnzen die Figur gemŠ§ Abbildung 3.

Abb. 3: ErgŠnzung der Figur

In dieser Figur finden wir drei kopunktale Geraden (rot in Abb. 4).

Abb. 4: Schnittpunkt dreier Geraden

In der Abbildung 1 sind noch drei weitere Beispiele von je drei kopunktalen Geraden (dunkelgrŸn, blau, magenta) eingezeichnet.

3     Beweis

Die in der Figur der Abbildung 4 vorkommenden Begriffe Gerade und Schnittpunkt sind projektiv invariant.

FŸr den Beweis der Schnittpunkteigenschaft kšnnen wir daher das grŸne Viereck mit einer projektiven Abbildung auf ein Standardviereck, zum Beispiel das Einheitsquadrat in einem kartesischen Koordinatensystem, abbilden (Abb. 5). Die beiden in der Abbildung 4 eingetragenen Schnittpunkte je zweier gegenŸberliegender Viereckseiten gehen dabei ins Unendliche.

Abb. 5: Situation im Einheitsquadrat

Der Rest ist Rechnung. FŸr die drei roten Geraden erhalten wir die Gleichungen:

 

                                                                                             (1)

 

 

 

Die Determinante der Koeffizientenmatrix verschwindet:

 

                                                                                       (2)

 

 

 

Damit sind die drei Geraden kopunktal.

Der Schnittpunkt S hat in AbhŠngigkeit der Koordinaten von P die Koordinaten:

 

                                                                                                                   (3)

 

 

 

4     Weitere Schnittpunkte

Aus strukturellen SymmetriegrŸnden gibt es insgesamt vier Schnittpunkte (Abb. 6). Wir kšnnen dazu einen Stern mit acht Spitzen einzeichnen.

Abb. 6: Stern im Quadrat

5     Abbildung

Wir kšnnen (3) als Abbildungsgleichungen  interpretieren. Die Abbildung 7 zeigt diese Abbildung im Zehntelraster.

Abb. 7: Abbildung von P nach S

Die Abbildung 8 zeigt entsprechend alle Lšsungen.

Abb. 8: Die vier Schnittpunkte

6     SonderfŠlle

6.1    Binomische Formel und Pythagoras

Die Abbildung 9a zeigt eine altgediente Illustrations- und Beweisfigur fŸr die binomische Formel und den Satz des Pythagoras.

Abb. 9: Binomische Formel und Pythagoras

In diesem Sonderfall kšnnen wir ein Dreieck einzeichnen (rot in Abbildung 9b), dessen Hšhen unsere roten Linien sind. Wir kšnnen diesen Sonderfall also viel einfacher beweisen.

6.2    Figur von Knauth

Die Abbildung 10 zeigt als extremen Sonderfall die Figur von Knauth (Hoehn und Walser, 2003). Die Schnittpunkteigenschaft ist aus SymmetriegrŸnden trivial.

Abb. 10: Figur von Knauth

Der FlŠcheninhalt des roten Quadrates in der Abbildung 10a ist ein FŸnftel des FlŠcheninhaltes des grŸnen Quadrates. Das rote Dreieck in der Abbildung 10b ist ein pythagoreisches Dreieck mit dem SeitenverhŠltnis 3:4:5. Es hat viele weitere solche pythagoreische Dreiecke in der Figur.

7     DualitŠt

Die Abbildung 11 zeigt ein nicht konvexes Viereck. TatsŠchlich sind gegenŸber der Abbildung 4 eine Ecke und der rote Schnittpunkt vertauscht worden. Daher die Sprechweise ãDualitŠtÒ.

Abb. 11: Nicht konvexes Viereck

Literatur

Hoehn, Alfred und Walser, Hans (2003): Gittergeometrie und pythagoreische Dreiecke. Praxis der Mathematik (5/45), 215-217.