Hans Walser, [20140726], [20140810], [20190514]
Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras
Hinweis: H. Sch., W.
Wir schneiden von einem WŸrfel eine Ecke ab (Abb. 1).
Abb. 1: Ecke abschneiden
Das abgeschnittene StŸck ist ein unregelmŠ§iger Tetraeder. Drei Kanten sind so lang wie die WŸrfelkante und bilden eine ehemalige WŸrfelecke. Sie sind also paarweise senkrecht. Je zwei dieser drei Kanten spannen ein rechtwinklig gleichschenkliges Dreieck auf (blau in Abb. 2).
Abb. 2: Drei rechtwinklig gleichschenklige Dreiecke
Die drei restlichen Kanten des Tetraeders sind die Hypotenusen der drei rechtwinklig gleichschenkligen Dreiecke und haben somit eine LŠnge, die mal so gro§ ist wie die WŸrfelkante. Diese restlichen drei Kanten des Tetraeders spannen daher ein gleichseitiges Dreieck auf (rot in Abb. 3).
Abb.3: Gleichseitiges Dreieck
Wie gro§ sind die FlŠcheninhalte all dieser Dreiecke?
Wir geben der WŸrfelkante die LŠnge 1. FŸr die drei blauen rechtwinklig gleichschenkligen Dreiecke erhalten wir damit je eine halbe QuadratflŠche, also je . Der FlŠcheninhalt eines gleichseitigen Dreieckes mit der SeitenlŠnge kann mit der Formel
berechnet werden. In unserem Beispiel (rotes Dreieck) ist und wir erhalten:
Stellen wir dies in einer Tabelle ordentlich dar (Tab. 1). In der letzten Spalte sind auch noch die Quadrate der FlŠcheninhalte eingetragen.
Dreiecktyp |
FlŠcheninhalt |
Quadrat davon |
Rechtwinklig gleichschenklig |
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Rechtwinklig gleichschenklig |
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|
Rechtwinklig gleichschenklig |
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Gleichseitig |
|
|
Tab. 1: †bersicht
Wir sehen, dass die Summe der Quadrate der drei blauen FlŠcheninhalte gleich dem Quadrat des roten FlŠcheninhaltes ist.
Wenn wir mit Ma§einheiten arbeiten, also etwa mit einem WŸrfel der KantenlŠnge 1cm, erhalten wir fŸr den FlŠcheninhalt der drei blauen rechtwinklig gleichschenkligen Dreiecke erhalten wir je . Das ãQuadratÒ davon ist . Das Wort ãQuadratÒ ist also nicht im geometrischen Sinne eines Vierecks mit vier gleich langen Seiten und vier rechten Winkeln zu verstehen, sondern algebraisch als Multiplikation einer Grš§e mit sich selber. Das Quadrat eines FlŠcheninhaltes spielt daher im vierdimensionalen Raum und kann nicht mehr geometrisch gezeichnet werden. Wir haben es mit einer Abstraktion zu tun.
Wir schneiden nun die WŸrfelecke weniger regelmŠ§ig ab (Abb. 4). Es entsteht ein unregelmŠ§iges Tetraeder . Die drei Kanten , und sind nun nicht mehr gleich lang, stehen aber immer noch paarweise senkrecht aufeinander. Der Punkt C liegt in der rechten Raumecke.
Wir erhalten so ein Analogen zu einem ebenen rechtwinkligen Dreieck.
Abb. 4: Analogon zum rechtwinkligen Dreieck
Drei der vier SeitenflŠchen des Tetraeders sind rechtwinklige Dreiecke. Diese drei SeitenflŠchen Ÿbernehmen die Rollen der Katheten (Abb. 5). Sie liegen den drei Ecken , und gegenŸber.
Abb. 5: KathetenflŠchen
Die vierte SeitenflŠche, ein spitzwinkliges Dreieck, Ÿbernimmt die Rolle der Hypotenuse (Abb. 6). Sie liegt der Ecke C gegenŸber.
Abb. 6: HypotenusenflŠche
Es gilt das Theorem:
In einem Tetraeder mit drei rechten Winkeln an einer Ecke ist die Summe der Quadrate der KathetenflŠcheninhalte gleich dem Quadrat des HypotenusenflŠcheninhaltes.
Durch das Quadrieren der FlŠcheninhalte entstehen Gebilde im vierdimensionalen Raum. Wir kšnnen also nicht wie beim Satz des Pythagoras in der Ebene das Theorem mit angesetzten geometrischen Quadraten illustrieren.
Wir verwenden die Bezeichnungen der Abbildung 7 und passen die Figur in ein kartesisches Koordinatensystem mit dem Ursprung in C ein.
Abb. 7: Bezeichnungen. Kartesisches Koordinatensystem
FŸr die KathetenflŠchen erhalten wir der Reihe nach:
Somit ist:
FŸr die Berechnung der HypotenusenflŠche verfahren wir wie folgt: Die Ebene durch die drei Punkte , und hat die Gleichung:
Diese Gleichung formen wir zur Hesseschen Normalform um:
Damit hat C den Abstand
von der Ebene. Das ist aber auch die Hšhe des Tetraeders bezogen auf die HypotenusenflŠche H.
Der Tetraeder hat das Volumen:
Andererseits ist:
Vergleich ergibt fŸr die HypotenusenflŠche H:
Somit ist:
In der ebenen Geometrie gilt der Satz des Pythagoras in beiden Richtungen:
Unser rŠumliches Analogon gilt leider nur in einer Richtung:
Im Folgenden ein Gegenbeispiel fŸr die UngŸltigkeit der Umkehrung.
Es sei zunŠchst , , und . Dies ist das EinfŸhrungsbeispiel der Abbildungen 1 bis 3.
Es ist und . Wir haben bei C drei rechte Winkel und es ist .
Die Punkte, von denen aus die Strecken , und je unter einem rechten Winkel gesehen werden, liegen auf den drei Thaleskugeln Ÿber diesen Strecken. Diese drei Kugeln haben genau zwei Punkte gemeinsam, nŠmlich und . Der zweite Punkte ist der Spiegelpunkt von C bei Spiegelung an der Ebene durch die drei Punkte , und .
Und nun das Gegenbeispiel: Die drei Punkte , und und damit den FlŠcheninhalt H lassen wir unverŠndert. Den Punkt C variieren wir zu , berechnen die drei FlŠcheninhalte der Dreiecke mit einer Ecke in C und zwei weiteren Ecken in den Punkten , und (diese Dreiecke sind in der Regel nicht rechtwinklig) und verlangen schlie§lich, dass die Summe der Quadrate dieser FlŠcheninhalte dem Quadrat von H entspricht. Dies fŸhrt mit einiger Rechnung auf die Bedingung:
Diese Bedingung beschreibt eine sogenannte Quadrik und zwar ein abgeplattetes Rotationsellipsoid (also wie die Erde) mit den Punkten und in den beiden Polen (Abb. 7). Alle Punkte auf diesem Ellipsoid erfŸllen die FlŠchenbedingung, aber nur die beiden Pole fŸhren auf drei rechte Winkel.
Abb. 8: Ellipsoid
Die drei Punkte , und liegen ebenfalls auf dem Ellipsoid.
Die Abbildung 9 zeigt verschiedene spezielle Sichten des Ellipsoides. Es ist zusŠtzlich der €quator des Ellipsoides eingezeichnet.
Abb. 9.1: Senkrecht stehende Achse
Abb. 9.2: Sicht in Richtung der Achse
Abb. 9.3: Allgemeine Sicht von der Seite
Abb. 9.4: Spezielle Sicht von der Seite
Im Achsenschnitt (Abb. 9.3 und 9.4) sehen wir die Abplattung. Die lange Ellipsenachse verhŠlt sich zur kurzen Ellipsenachse wie . Die Ellipse lŠsst sich also in ein Rechteck im DIN-Format einpassen (Walser 2013).
Das Theorem lŠsst sich in hšhere Dimensionen verallgemeinern.
Wir arbeiten im mit der konvexen HŸlle der fŸnf Punkte . , , und . Dies ist ein 4-Simplex.
Die vier Kathetentetraeder entstehen als konvexe HŸlle von C und drei der vier Punkte . Sie haben der Reihe nach die Volumina:
Das Hypotenusentetraeder ist die konvexe HŸlle der vier Punkte .
Die Hyperebene durch die vier Punkte hat die Gleichung:
FŸr den Abstand des Ursprungs C von dieser Hyperebene erhalten wir:
Nun gilt fŸr das 4d-Volumen des 4-Simplexes einerseits:
Andererseits ist:
Vergleich ergibt:
Daraus folgt:
FŸr den n-dimensionalen Fall ist das jetzt nur noch eine langweilige SchreibŸbung.
Wir arbeiten im mit der konvexen HŸlle der Punkte , , , ... , . Dies ist ein n-Simplex.
Die n Katheten-(n–1)-Simplexe sind die konvexen HŸllen von C und der n Punkte . Sie haben die (n–1)-d-Volumina :
Das Hypotenusen-(n–1)-Simplex ist die konvexe HŸlle der n Punkte .
Die Hyperebene durch die n Punkte hat vom Ursprung C den Abstand:
FŸr das n-d-Volumen des n-Simplexes erhalten wir einerseits:
Andererseits ist:
Vergleich ergibt:
Daraus folgt:
Wenn wir im sŠmtliche wŠhlen, erhalten wir ein regelmŠ§iges Hypotenusen-n-Simplex der KantenlŠnge 1.
Sein n-d-Volumen H kann nun mit dem verallgemeinerten Theorem des Pythagoras berechnet werden.
ZunŠchst ist . Somit ist:
Die Tabelle 2 zeigt einige Resultate.
n |
H |
|
1 |
1 |
Strecke |
2 |
|
Gleichseitiges Dreieck |
3 |
|
RegelmŠ§iges Tetraeder |
4 |
|
|
5 |
|
|
6 |
|
|
7 |
|
rational |
8 |
|
rational |
9 |
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10 |
|
|
Tab. 2: Volumina regelmŠ§iger n-Simplexe
Die n-d-Volumina
der n-Simplexe tendieren gegen null.
Literatur
Walser, Hans (2013): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Trapez – DIN-Quader. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig 2013. ISBN 978-3-937219-69-1.