Hans Walser, [20220125]
Würfelecke
Idee und Anregung: Thomas Jahre, Wochenaufgabe 59-700
Bau einer dreiseitigen Pyramide, eines (unregelmäßigen) Tetraeders also. Die Grundfläche ist ein gelbes gleichseitiges Dreieck. Die drei Seitenflächen sollen zueinander kongruente gleichschenklig rechtwinklige Dreiecke sein.
Eine Anordnung gemäß
Abbildung 1a mit zwei rechten Winkeln an einer Ecke hat zur Folge, dass das
dritte Dreieck gleichschenklig sein muss. Also keine Lösung im Sinne der
Problemstellung.
Abb. 1: Zwei
rechte Winkel an einer Ecke
Wir erhalten eine
schiefe Pyramide (Abb. 2).
Abb. 2: Schiefe
Pyramide
Immerhin können wir
zwölf solche schiefen Pyramiden lückenlos und überlappungsfrei zu einer geraden
Doppel-Sechskantpyramide zusammenfügen (Abb. 3). Diese hat eine Umkugel.
Abb. 3:
Dodekaeder
Eine Anordnung gemäß
Abbildung 4a mit zwei 45°-Winkeln an einer Ecke hat zur Folge, dass das dritte Dreieck
gleichseitig sein muss. Also auch keine Lösung im Sinne der Problemstellung.
Abb. 4: Zwei
45°-Winkel an einer Ecke
Die Pyramide wird
überhängend (Abb.5).
Abb. 5:
Überhängende Pyramide
Der Körper kann als Gigampfi (Wippe) dienen (Abb. 6).
Abb. 6: Gigampfi
Die
Mittelnormalebene der längsten Kante zerschneidet den Körper in zwei Körper,
die Lösungen im Sinne der Problemstellung sind. Wir kommen der Sache näher.
Wir können vier
Exemplare unseres Körpers längs der längsten Kante lückenlos und
überlappungsfrei zu einem regelmäßigen Oktaeder zusammensetzen (Abb. 7).
Abb. 7:
Oktaeder
In der Anordnung der
Abbildung 8a geht es natürlich nicht. Von den Bodenecken gehen ungleich lange
Kanten aus, die zusammenkommen müssten. Andererseits hat die Abwicklung eine
dreiteilige Drehsymmetrie.
Abb. 8: Geht es
noch?
Wenn wir es trotzdem
probieren, kommen wir mit den heraufgedrehten Seitenflächen paarweise an den
Anschlag (Abb. 9).
Abb. 9: Bis zum
Anschlag
Allerdings: Wenn wir
am Anschlag innehalten, haben wir genau die Lösung im Sinne der Problemstellung
eingekastelt. Wir sind der Sache schon sehr nahe.
Natürlich ist man
versucht, das was vorsteht einfach herunterzuklappen (Abb. 10). Wenn man die
heruntergeklappten Teile mit Leim fixiert, hat man ein stabiles Modell im Sinne
der Problemstellung.
Abb. 10:
Herunterklappen
Nun ist der Autor
aber ein Fan der Minimallösung. Wenn es ohne geht, macht man es ohne. Ohne
Leim.
In der Endposition
(Abb. 10) verschwindet der heruntergeklappte rote Teil scheinbar unter der
hellblauen Pyramidenwand. Das führt auf folgende Lösungsidee: statt die
vorstehenden Teile außen herunterzuklappen und anzuleimen, falten wir sie und
stecken sie in die Pyramide hinein (Abb. 11 in zwei Ansichten). Die Abbildung
8b gibt das Schnitt- und Faltmuster dazu. Für das Modell kann gewöhnliches
Druckerpapier verwendet werden. Das leimlose
Papiermodell ist reversibel. Die Einstecklaschen können wieder herausgezogen
werden und das Modell in die Ebene abgewickelt.
Abb. 11:
Papiermodell
Werden im
Schnittmuster (Abb. 8b) die Einstecklaschen abgeschnitten, ergibt sich die
Lösung im Sinne der Problemstellung (Abb.12). Die Symmetrien der Abwicklung
sind mit denen der gesuchten Pyramide kompatibel. Natürlich hätten wir schon
früher auf diese Lösung kommen sollen, es ist die einzige mit stimmigem
Kantenschluss.
Abb. 12: Die
Lösung
Abb. 13: Die
Lösung
Die Pyramide kann als Würfelecke gesehen werden (Abb. 14).
Abb. 14: Würfelecke
Im Einheitswürfel mit der Kantenlänge 1 hat die Würfelecke die Grundfläche ein Halb und daher das Volumen:
Die Endpunkte der drei von einer Würfelecke ausgehenden Kanten spannen ein gleichseitiges Dreieck mit der Seitenlänge sqrt(2) auf (gelb in Abb. 14). Es ist dies das ursprüngliche Bodendreieck der Pyramide (Abb. 12 und 13). Dieses Dreieck hat den Flächeninhalt:
Die drei von der Würfelecke ausgehenden Kanten spannen drei gleichschenklig-rechtwinklige Dreiecke auf. Diese haben je den Flächeninhalt:
Nun gilt folgende interessante Gleichheit:
Das erinnert an den Satz von Pythagoras. Dabei werden hier nicht Streckenlängen quadriert, sondern Flächen. Wir operieren in der Dimension vier.
Die Sache hat System.
Das nächste Beispiel: Die Endpunkte der vier von einer Ecke eines 4d-Hyperwürfels ausgehenden Kanten spannen ein regelmäßiges Tetraeder mit der Kantenlänge sqrt(2) auf. Es hat gemäß Formelsammlung das Volumen:
Je drei von der 4d-Hyperürfel-Ecke ausgehende Kanten spannen eine Pyramide der Abbildung 14 auf. Da wir insgesamt vier ausgehende Kanten haben, ergeben sich vier solche Pyramiden. Sie haben je das Volumen:
Wir ahnen, was kommt:
Nun werden Volumina quadriert, wir arbeiten also in der Dimension 6.
Man kann (induktiv) zeigen, dass Entsprechendes auch für höherdimensionale reguläre Simplexe gilt.
Websites
Thomas
Jahre: Wochenaufgabe
https://www.schulmodell.eu/unterricht/faecher/mathematik/wochenaufgabe.html
Hans
Walser: Simplex
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/S/Simplex/Simplex.htm
Hans Walser: Würfelecke und Davidstern
http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/W/Wuerfelecke/Wuerfelecke.htm