Hans Walser
Magische Symmetrie
Graz, Tag der Mathematik
Do, 4.
Februar 2021
Bei der Analyse magischer Quadrate ungerader SeitenlŠnge treten verschiedene Symmetrien auf. Umgekehrt ist fŸr die Konstruktion magischer Quadrate ein symmetrisches modulo-Rechnen problemadŠquat. Ebenso brauchen wir ein angepasstes symmetrisches Positionssystem.
Zwei magische Quadrate ungerader SeitenlŠnge kšnnen zu einem neuen magischen Quadrat zusammengesetzt werden.
Die Abbildung 1a zeigt ein magisches Quadrat der SeitenlŠnge 3. Die Zeilen-, Spalten- und Diagonalensummen sind je 15.
Abb. 1: Magische Quadrate der SeitenlŠngen 3 und 11
Im Quadrat der Abbildung 1b sind alle geraden Zahlen von 2 bis 120 eingetragen.
Frage 1: Wie kann das Quadrat der Abbildung 1b mit den ungeraden Zahlen von 1 bis 121 zu einem magischen Quadrat ergŠnzt werden?
Die Abbildung 2a zeigt ein magisches Quadrat der SeitenlŠnge 5.
Abb. 2: Magische Quadrate der SeitenlŠnge 5
Frage 2: Welche Symmetrie-Eigenschaften hat das magische Quadrat der Abbildung 2a?
Im magischen Quadrat der Abbildung 2a subtrahieren wir 13 von jeder Zahl. Dadurch entsteht ein neues magisches Quadrat (Abb. 2b). Seine Zahlen laufen symmetrisch von –12 bis +12, mit der Null in der Mitte. Diese sitzt auch in der Mitte des Quadrates. Die Zeilen-, Spalten- und Diagonalensummen sind null. Entgegengesetzt positionierte Zahlen sind entgegengesetzt gleich.
Die
Abbildung 3 zeigt ein mit dem Faktor unterhšht gezeichnetes
Histogramm des magischen Quadrates der Abbildung 2b. Die Figur ist
punktsymmetrisch.
Abb. 3: Histogramm
Wir besprechen zunŠchst die Konstruktion exemplarisch fŸr die SeitenlŠnge 5 und verallgemeinern anschlie§end.
In einem 5×5-Raster tragen wir in der Diagonale von links unten nach rechts oben Nullen ein, und zwar jeweils in der rechten FeldhŠlfte (Abb. 4a), damit es in der linken FeldhŠlfte noch Platz fŸr einen zweiten Eintrag hat.
Abb. 4: Konstruktion, erster Schritt
In der anschlie§enden Nebendiagonale tragen wir Einsen ein. Dabei denken wir uns den rechten Bildrand mit dem linken identifiziert. Daher steht auch im ersten Feld links oben eine Eins. Analog tragen wir in der nŠchsten Nebendiagonale Zweien ein.
Nun kŠmen die Dreien an die Reihe. Statt dessen tragen wir Zahlen –2 ein (Abb. 4b). Die BegrŸndung ist folgende: die Zahlen 3 und –2 sind kongruent modulo 5. Aus SymmetriegrŸnden nehmen wir die Zahl –2, weil sie nŠher an der Null liegt als die Drei. Entsprechend tragen wir schlie§lich statt den Vieren die Zahlen –1 ein.
Im Feld der Abbildung 4b ist jede Zeilen- und jede Spaltensumme null, weil in jeder Zeile und in jeder Spalte genau die Zahlen –2, –1, 0, 1, 2 vorkommen. Dasselbe gilt auch fŸr die Diagonale von links oben nach rechts unten. In der Diagonale von links unten nach rechts oben haben wir gemЧ Konstruktion lauter Nullen und daher die Summe null.
Symmetrisches
modulo-Rechnen: Die Abbildung 5a zeigt den Funktionsgrafen bei der Ÿblichen
Berechnung modulo 5 (nicht negativer Rest bei Division durch 5). Die Abbildung
5b zeigt die von uns verwendete Version (der Buchstabe ãsÒ deutet auf die symmetrische
Version hin). Der Funktionsgraf ist punktsymmetrisch zum Ursprung. Es ist exemplarisch
, aber
.
Abb. 5: modulo 5 – Verschiedene ReprŠsentanten
Frage 3: Wie kann mit Hilfe der
Funktion die
Funktion
konstruiert werden?
Nun drehen wir die Zahlenanordnung der Abbildung 4b um den Mittelpunkt im Gegenuhrzeigersinn um 90¡ und setzen die gedrehten Zahlen vor die ursprŸnglichen. So erhalten wir Zahlenpaare gemЧ Abbildung 6a.
Abb. 6: Zahlenpaare und Linearkombination
In der
Abbildung 6a sind sowohl fŸr die ersten Zahlen wie auch fŸr die zweiten Zahlen
die Zeilen-, Spalten- und Diagonalensummen null. Das gibt auch fŸr jede
Linearkombination der beiden Zahlenanordnungen. Wir wŠhlen die folgende
Linearkombination: zum FŸnffachen (fŸnf ist die SeitenlŠnge des Quadrates) der
ersten Zahlen addieren wir die zweiten Zahlen. So erhalten wir etwa aus dem
Zahlenpaar die neue
Zahl
. Wir interpretieren also das Zahlenpaar als
zweistellige Zahl im Positionssystem mit der Basis 5. Dabei kšnnen allerdings
die Anzahlen der Einer wie auch die Anzahlen der FŸnfer negativ sein.
Aus den Zahlenpaaren der Abbildung 6a ergibt sich so das magische Quadrat der Abbildung 6b mit den Summen null. Das ist aber unser magisches Quadrat der Abbildung 2b. Wenn wir jetzt noch 13 addieren, ergibt sich das magische Quadrat mit den Zahlen von 1 bis 25 (Abb. 2a).
Wir
konstruieren ein magisches Quadrat der ungeraden SeitenlŠnge .
Die
Ÿbliche Indizierung der Elemente einer
quadratischen Matrix beginnt links oben mit
und endet
rechts unten mit
. Das ist fŸr uns unpassend. Wir verwenden statt
dessen eine bezŸglich null symmetrische Indizierung gemЧ Abbildung 7a. Das
Element
sitzt in
der Mitte. Links oben haben wir das Element
, rechts unten das Element
.
Abb. 7: Indizierung und Koordinatensystem
Dazu
passend fŸhren wir ein -Koordinatensystem ein gemЧ Abbildung 7b. Die
Diagonale von links unten nach rechts oben hat darin die Gleichung
, die dazu parallelen Nebendiagonalen die Gleichung
. Die Diagonale von links oben nach rechts unten hat
die Gleichung
, die dazu parallelen Nebendiagonalen die Gleichung
.
In dieser
Schreibweise erhalten wir fŸr gemЧ
unserer Konstruktion die Formel:
Entsprechend gilt allgemein:
Bei
dieser Formel haben wir die Null in der Mitte, und die Zahlen laufen von bis
. Wenn die Zahlen von 1 bis
laufen
sollen, mŸssen wir noch
addieren.
Frage 4: Gesucht ist ein magisches Quadrat mit den Zahlen von 1 bis 49.
Wir hatten oben in einem Positionssystem mit der Basis 5 gearbeitet, aber auch negative Anzahlen der Einer oder der FŸnfer zugelassen. Dies fŸhrt zur Idee eines Positionssystems, in welchem die negativen ganzen Zahlen ohne sichtbares Minuszeichen darstellt werden kšnnen.
Wir legen fŸnf Symbole fŸr die einzelnen Ziffern fest. Um keine Verwirrung mit dem Ÿblichen Positionssystem zu schaffen, verwenden wir Buchstaben in folgender Bedeutung:
Ziffernsymbol |
a |
b |
c |
d |
e |
Bedeutung |
–2 |
1 |
0 |
1 |
2 |
Wir sehen, dass der Hund (die Minuszeichen) in den Symbolen begraben ist.
ZunŠchst zwei Beispiele.
Wir kšnnen also die Zahl –2021 ohne sichtbares Minuszeichen darstellen.
Frage 5: Wie lautet ãdadÒ im Dezimalsystem?
Frage 6: Wie lautet ãbabbeÒ im Dezimalsystem?
Frage 7: Wie sieht die Dezimalzahl –753 in diesem System aus?
Nun rechnen wir die Zahlen des magischen Quadrates der Abbildungen 2b oder 6b in unser vorzeichenfreies System um (Abb. 8).
Abb. 8: Umrechnung
Es kommen in jeder Zeile und in jeder Spalte alle fŸnf Buchstaben sowohl vorne wie auch hinten genau einmal vor. Weiter kommt jede der 25 Paar-Kombinationen der fŸnf Buchstaben genau einmal vor.
Solche paarweise Anordnungen von Buchstaben wurden von Leonhard Euler (1707-1783) in [1] untersucht.
Mit zwei
magischen Quadraten der SeitenlŠngen und
kšnnen wir
ein magisches Quadrat der SeitenlŠnge
konstruieren. Wir zeigen dies
exemplarisch mit den beiden magischen Quadraten der Abbildung 9. Diese haben
die SeitenlŠngen 3 beziehungsweise 5. Ihre Zahlen laufen von 0 bis 8
beziehungsweise von 0 bis 24.
Abb. 9: Die beiden magischen Quadrate
In der Abbildung 10 sind die Felder der geraden Zahlen rot, die Felder der ungeraden Zahlen blau eingefŠrbt.
Abb. 10: ParitŠtische FŠrbung
Die Abbildung 11 zeigt die zugehšrigen Histogramme.
Abb. 11: Histogramme
Und nun machen wir folgendes: wir vergrš§ern das Histogramm der Abbildung 11a in den beiden horizontalen Dimensionen je mit dem Faktor 5 und in der vertikalen Richtung sogar mit dem Faktor 25. Damit erhalten wir die Figur der Abbildung 12a. Da sie, wie alle Histogramme in diesem Skript unterhšht gezeichnet ist, fŠllt die gro§e Streckung in vertikaler Richtung nicht ins Auge.
Abb. 12: Plattformen und Besiedlung der Plattformen
Wir erkennen in der Abbildung 12a neun 5×5-Plattformen. Wir kšnnen auf jeder dieser Plattformen ein Histogramm der Abbildung 11b setzen und erhalten damit das Histogramm der Abbildung 12b.
Die Abbildung 13 zeigt das zugehšrige magische Quadrat. Seine Zahlen laufen von 0 bis 224.
Abb. 13: Magisches Quadrat der SeitenlŠnge 15
Wir sehen am linken Rand in der Mitte das magische 5×5-Quadrat der Abbildung 9b. Es sitzt auf der Null des magischen 3×3-Quadrates der Abbildung 9a.
Die Abbildung 14 zeigt die paritŠtische FŠrbung.
Abb. 14: ParitŠtische FŠrbung
Frage 8: Liefern die Formeln im Abschnitt 4 fŸr dasselbe magische
Quadrat wie in der Abbildung 13?
Frage 9: Kšnnen wir bei der Zusammensetzung die Reihenfolge der beiden magischen Quadrate vertauschen?
Bearbeitung der Frage 1: Die Abbildung 15a zeigt das vollstŠndige magische Quadrat.
Abb. 15: Magisches Quadrat der SeitenlŠnge 11. VerŠnderungen
Die Abbildung 15b illustriert, wie sich innerhalb des Bereiches der geraden Zahlen wie auch innerhalb des Bereiches der ungeraden Zahlen die Zahlen beim †bergang zu einem Nachbarfeld verŠndern. Dabei enthalten die VerŠnderungen entlang der fett eingezeichneten Pfeile die gesamte Information. Diese VerŠnderungen sind um eins grš§er beziehungsweise um eins kleiner als die SeitenlŠnge des magischen Quadrates.
Die Ÿbrigen VerŠnderungen ergeben sich durch lineare Kombination.
An der Grenze zwischen den geraden und den ungeraden Zahlen gelten andere VerŠnderungsregeln.
In der Abbildung 16 sind die Felder des magischen Quadrates mit geraden Zahlen rot, die Felder mit ungeraden Zahlen blau eingefŠrbt. Die Zahlen selber sind weggelassen.
Abb. 16: ParitŠtische FŠrbung
Bearbeitung der Frage 2: Die Zahlen laufen von 1 bis 25, der Median ist 13. Diese Zahl sitzt auch in der Mitte des Quadrates, ist also ein ãMedianÒ in doppeltem Sinn.
Die Zeilen-, Spalten- und Diagonalensummen sind je 65. Dies ist das FŸnffache des Medians in der Mitte. Hier spielt die SeitenlŠnge des magischen Quadrates hinein.
Zwei Zahlen, die bezŸglich des Medians in der Mitte punktsymmetrisch angeordnet sind (zum Beispiel die Zahlen 4 und 22) haben das arithmetische Mittel 13. Schon wieder die 13.
Die Felder der ungeraden Zahlen bilden ein auf der Spitze stehendes Quadrat (blau in Abb. 17).
Abb. 17: ParitŠtische FŠrbung
Die
Abbildung 18 zeigt das zu diesem magischen Quadrat gehšrende Histogramm. Es ist
in der Hšhe mit dem Faktor gestaucht.
Abb. 18: Histogramm
Bearbeitung der Frage 3: Es ist:
Bearbeitung der Frage 4: Das magische Quadrat hat die SeitenlŠnge 7 (Abb. 19).
Abb. 19: Magisches Quadrat der SeitenlŠnge 7. ParitŠtische FŠrbung
Bearbeitung der Frage 5:
Bearbeitung der Frage 6:
Bearbeitung der Frage 7:
Bearbeitung der Frage 8: Nein. Die Abbildung 20a zeigt das entsprechende Histogramm. Es unterscheidet sich deutlich vom Histogramm der Abbildung 12b. Auch die FŠrbung (Abb. 20b) unterscheidet sich von derjenigen der Abbildung 14.
Abb. 20: Histogramm. ParitŠtische FŠrbung
Bearbeitung der Frage 9: Nochmals nein. Die Abbildung 21a zeigt das entsprechende Histogramm. Es unterscheidet sich deutlich vom Histogramm der Abbildung 12b. Auch die FŠrbung (Abb. 21b) unterscheidet sich von derjenigen der Abbildung 14.
Abb. 21: Histogramm. ParitŠtische FŠrbung
Die Zusammensetzung der magischen Quadrate ist nicht kommutativ.
Last modified: 29. Januar 2021
Literatur
Euler, Leonhard |
[1] |
Recherches sur une nouvelle espce de quarrŽs magiques, Vlissingen 1782 – Opera Omnia, Series 1, Volume 7, p. 291-392. Enestršm Index 530. |
Websites
Hans Walser: Magische Kreise
www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/M/Magische_Kreise/Magische_Kreise.htm
Hans Walser: Magische Quadrate quadrieren
www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/M/Mag_Quadrate2/Mag_Quadrate2.htm
Hans Walser: Magische Quadrate Ÿberlagern
www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/M/Mag_Quadrate4/Mag_Quadrate4.htm
Hans Walser: Magische Quadrate ungerader SeitenlŠnge
www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/M/Mag_Quadrate/Mag_Quadrate.htm
Hans Walser: Magische Puzzle
www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/M/Mag_Puzzle/Mag_Puzzle.htm
Hans Walser: Magisches Fraktal
www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/M/Magisches_Fraktal/Magisches_Fraktal.htm
Vortragsunterlagen
Hans Walser: Magische Symmetrie
http://www.walser-h-m.ch/hans/Vortraege/20210204/index.html