Hans Walser
Das DIN-Format und der Raum
Hochrheinseminar Waldshut
Freitag, 14. November 2014, 15-16.30 Uhr
Musiksaal des Hochrhein-Gymnasiums Waldshut
Zusammenfassung
Das bekannte DIN Format, zum Beispiel Papier im Format DIN A4 oder DIN A6, hat viele interessante geometrische Eigenschaften. Diese Papiere kšnnen auch fźr den Bau rŠumlicher Modelle verwendet werden. Zudem lŠsst sich die Idee des DIN Formates auf andere Figuren źbertragen.
Wir beginnen mit zwei Papieren im DIN A4 Format und falten eines zum DIN A5 Format. Dann zeichnen wir in beiden die Diagonale von links unten nach rechts oben und legen sie so aufeinander, dass die Ecken links unten bźndig sind. Dann liegen die Diagonalen in einer Flucht.
Es passt
Nun vergleichen wir mit dem in den USA gebrŠuchlichen Papierformat US Letter. Dieses Papier ist im Vergleich zu DIN A4 etwas weniger hoch, dafźr etwas breiter.
DIN A4 und US Letter
Zur Erinnerung: 1 in (inch) = 2.54 cm
Im US Letter Format stimmen die Diagonalen nicht źberein.
Diagonalen passen nicht aufeinander
Die Tabelle zeigt LŠnge (Hšhe) und Breite aufeinanderfolgender DIN Formate. Es wurde auch das VerhŠltnis LŠnge zu Breite angegeben. Wir sehen, dass da, abgesehen von kleinen Mess- und Rundungsfehlern, immer dieselbe VerhŠltniszahl herauskommt. Das hei§t, dass die DIN Formate alle dieselbe Form haben. Lediglich die Grš§e Šndert, sie werden immer kleiner.
Ausma§e im DIN Format
Was fźr eine Zahl ist diese VerhŠltniszahl?
Dazu folgende Rechnungen:
Die Zahl ist die Quadratwurzel aus 2 oder kurz ăWurzel 2Ň. Das ist die Zahl, welche mit sich selber multipliziert genau 2 ergibt. Diese Zahl ist recht interessant. Sie hat unendlich viele Dezimalstellen und keine Periode (Wiederholungen) in den Dezimalstellen.
Die Tabellen geben die Ausma§e fźr das US Letter Format zunŠchst in cm und dann in inch.
Ausma§e im US Letter Format
Ausma§e in inch
Wir sehen, dass wir im Wechsel zwei verschiedene VerhŠltniszahlen haben. Die Formen Šndern sich. Das US Letter Format ist zunŠchst kurz und breit, die HŠlfte davon aber ein langer Lulatsch.
Die beiden VerhŠltniszahlen lassen sich aber als schšne Brźche darstellen. Die Elftel haben eine PeriodenlŠnge 2:
Bei den Siebzehnteln ist die Sache spannender: die PeriodenlŠnge ist 16. Das kann man nicht mehr mit dem Taschenrechner, man muss von Hand arbeiten. Es ergibt sich:
Durch Falten erhalten wir ein Quadrat mit einer Diagonalen.
Quadrat mit einer Diagonale
Die lange Seite des DIN Papieres ist gleich lang wie die Quadratdiagonale. Beim US Letter Papier passt es nicht.
Bei DIN A4 passt es, bei US Letter nicht
Nun schneiden wir das Quadrat ab. Wir werden es spŠter noch brauchen kšnnen. Mit vier Reststźcken (Teamwork) kšnnen wir ein regelmЧiges Achteck bauen, wenn wir die Stźcke immer diagonal aufeinanderlegen.
Quadrat. Achteck aus 4 Reststźcken
Wir schneiden ein Set von DIN Papieren zu. Dies geschieht durch fortlaufendes flŠchenmЧiges Halbieren.
Set von DIN Papieren
Wir kšnnen die Papiere so anordnen, dass sie in ein DIN A3 Format passen.
Ausfźllen eines DIN A3 Formates
Wir kšnnen die Papiere aber auch spiralfšrmig anordnen.
Eckige Spirale
Das Zentrum der Spirale ergibt sich durch Dritteln. Das ist merkwźrdig, weil wir bis jetzt immer flŠchenmЧig halbiert haben.
Zentrum bei Dritteln
Die Grundidee des DIN Formates besteht darin, dass wir ein Papier in zwei Teile zerlegen kšnnen, welche die gleich Form haben wir das Startpapier.
Gibt es andere Figuren, welche in zwei Teile zerlegt werden kšnnen, so dass die Form erhalten bleibt?
Wir zerschneiden unser Quadrat lŠngs der Diagonalen. Dadurch erhalten wir zwei so genannte rechtwinklig gleichschenklige Dreiecke.
Das rechtwinklig gleichschenklige Dreieck kšnnen wir nun zerlegen in zwei kleinere rechtwinklig gleichschenklige Dreiecke. Eines der beiden kleinen Dreiecke kšnnen wir weiter zerlegen und so weiter.
Halbes Quadrat
Es gibt auch eine spiralfšrmige Anordnung. Das Zentrum der Spirale liegt bei Fźnfteln.
Spirale
Wir kšnnen in beiden FŠllen die Thaleskreise einzeichnen.
Thaleskreise
Die Spirale kšnnen wir auch erfalten. Dazu starten wir mit einem gro§en rechtwinklig gleichschenkligen Papier. Besonders schšn wird es, wenn das Papier auf seinen zwei Seiten ungleich gefŠrbt ist.
Faltmodell
Statt mit zweidimensionalen rechteckigen Papieren arbeiten wir nun mit dreidimensionalen Kisten (Quadern). Fźr die SeitenverhŠltnisse brauchen wir nun kubische Wurzeln aus 2.
Es ist:
Die kubische Wurzel aus 2 hat ebenfalls unendlich viele Dezimalstellen und nie eine Periode.
Durch volumenmЧiges Halbieren einer Kiste erhalten wir zwei Kisten von der gleichen Form von der nŠchsten Generation.
Wir kšnnen das Kistenset aufeinander stapeln.
Kisten nach der DIN Idee
Auch hier kšnnen wir nach einer Spirale fragen. Das Interessante ist, dass sie bereits da ist. Man muss sie nur sehen.
Spirale
Es handelt sich um eine rŠumliche Spirale nach Art einer Wasserschnecke. Von oben sieht sie wie eine ebene Spirale aus, aber in der Seitenansicht sehen wir, dass sie sich in den Raum hineinschraubt.
Wasserschnecke
Die Foto zeigt eine versteinerte Schnecke aus dem Jura.
Versteinerte Schnecke
Wir arbeiten mit einem DIN A4 Papier. Die Abbildung zeigt die einzelnen Faltschritte.
Faltschritte fźr das Achteck
Die Foto zeigt Vorder- und Rźckseite des Faltmodells.
Achteck als Faltmodell
Wenn wir denselben Faltprozess mit einem Papier im US Letter Format durchfźhren, erhalten wir zwar auch ein Achteck mit gleichen Winkeln, aber die Seiten sind im Wechsel kurz oder lang. Es ist kein regelmЧiges Achteck.
Achteck aus US Letter
Als Baumaterial dient Papier im DIN A6 Format. Geeignet ist Papier der StŠrke 80 g/m2, das vom Format DIN A4 auf DIN A6 zugeschnitten wird. Ebenfalls geht es mit dźnnen Karteikarten.
Fźr jede Kante braucht es ein Papier.
Fźr den
Faltprozess verwenden wir eine etwas festere DIN A6 Karte als Faltlehre. Wir
legen diese Faltlehre diagonal auf ein DIN A6 Papier und falten die
vorstehenden Ecken des darunterliegenden Papiers nach vorne źber die Faltlehre.
Dann entfernen wir die Faltlehre. Der Umriss des Papiers ist nun ein Rhombus
mit dem spitzen Winkel .
Faltvorgang
Nun falten wir die untere Spitze des Rhombus nach hinten unter die obere Spitze. Diese letzte Faltlinie wird zu einer Kante des Wźrfels. Was an dieser Kante noch vorsteht, kann zurźckgebogen oder abgeschnitten werden. Damit haben wir unser Bauteil. Es hat die Form eines doppellagigen gleichschenkligen Dreiecks mit zwei Verbindungslaschen zum Einschieben in die Nachbarteile.
Die folgende Abbildung zeigt ein gešffnetes Bauteil von innen. Die Spitzen der beiden Rhomben-HŠlften mźssen vor dem Zusammenbau des Modells noch aufeinander gelegt werden. Diese Spitzen kommen alle in den Mittelpunkt des Wźrfels zu liegen. Die Seiten der Rhomben werden zu halben Raumdiagonalen des Wźrfels.
Wir benštigen 12 Bauteile. Beginnend mit drei verschieden farbigen DIN A4 Papieren, die wir zu DIN A6 Papieren vierteln, erhalten wir drei SŠtze von je vier gleichfarbigen Bauteilen. Damit kšnnen wir den jeweils vier parallelen Wźrfelkanten dieselbe Farbe zuordnen.
Bauteil
Und nun kommt das Interessante, der Zusammenbau. Wir schieben jeweils eine Verbindungslasche zwischen die beiden gleichschenkligen Dreiecke des Nachbarbauteils. Dabei achten wir darauf, dass an jeder halben Raumdiagonale des Wźrfels drei Bauteile in den drei verschiedenen Farben zusammen kommen. Parallele Wźrfelkanten haben dieselbe Farbe.
Kantenmodell des Wźrfels
Es empfiehlt sich, den Zusammenbau schrittweise mit Bźroklammern zu fixieren. An jeder Ecke des Wźrfels ergeben sich schlie§lich drei Bźroklammern.
Wenn alles sitzt, kšnnen die Bźroklammern schrittweise entfernt und durch eine Heftklammer mit dem Tacker ersetzt werden. Dabei hat man den Ehrgeiz, dass die Klammern symmetrisch eingebracht werden.
Beim
regelmЧigen Tetraeder haben wir den ErgŠnzungswinkel von auf 180ˇ,
also 109.4712ˇ, als Winkel zwischen den vom Zentrum aus zu den Ecken
verlaufenden Strecken. Daher kann analog zum Kantenmodell des Wźrfels ein
Kantenmodell des Tetraeders gebaut werden.
Kantenmodell des Tetraeders
Literatur
Walser, Hans (2013): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Trapez – DIN-Quader. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-69-1.
Last modified 17. Oktober 2014