Hans Walser, [20240701d]

Umkugelradius

Idee und Anregung: Heinrich Hemme, Aachen

1     Worum es geht

Versuch, das regelmäßige Sechseck in den Raum zu verallgemeinern

2     Sechseck in der Ebene

Das regelmäßige Sechseck hat unter anderem folgende Eigenschaften:

·      Alle Eckpunkte liegen auf einem Kreis, dem Umkreis

·      Alle Seiten sind gleich lang

·      Der Umkreisradius ist gleich der Seitenlänge

Abb. 1: Regelmäßiges Sechseck in der Ebene

Das regelmäßige Sechseck ist das einzige Vieleck mit diesen drei Eigenschaften.

3     Problemstellung

Analogie im Raum?

4     Interpretation der Problemstellung

Wir suchen ein Polyeder mit folgenden Eigenschaften:

·      Alle Eckpunkte liegen auf einer Kugel, der Umkugel

·      Alle Kanten sind gleich lang

·      Der Umkugelradius ist gleich der Kantenlänge

5     Bearbeitung

Es gibt insgesamt vier Lösungen.

5.1     Kuboktaeder

Eine erste Lösung ist das Kuboktaeder.

Die Ecken des Kuboktaeders sind die Kantenmitten eines Würfels (Abb. 2). Die Kantenberührkugel des Würfels ist die Umkugel des Kuboktaeders.

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Abb. 2: Kantenmitten des Würfels. Kantenberührkugel

Bei einer Kantenlänge 2 des Würfels haben sowohl die Kanten des Kuboktaeders wie auch der Kantenberührkugelradius, also der Umkugelradius, die Länge √2. Somit ist das Kuboktaeder eine Lösung unseres Problems.

Die Abbildung 3 zeigt zwei Darstellungen des Kuboktaeders. Das Kuboktaeder ist ein sogenannter archimedischer Körper.

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Abb. 3: Kuboktaeder und Umkugel

5.2     Zweite Lösung

Der Autor war zunächst der Meinung, das Kuboktaeder sei die einzige Lösung unseres Problems. Es gibt aber noch weitere Lösungen. Dazu kommen wir wie folgt.

Wir können das Kuboktaeder wie einen Apfel entzweischneiden. Die Abbildung 4 zeigt eine Hälfte. Die Schnittfigur ist ein regelmäßiges Sechseck.

Ein halbes Kuboktaeder ist eine zweite Lösung. Das halbe Kuboktaeder wird als Dreieckskuppel oder Johnson-Körper J3 bezeichnet.

Ein Bild, das Farbigkeit, Design enthält.

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Abb. 4: Halbes Kuboktaeder oder Dreieckskuppel

5.3     Dritte Lösung

Nun legen wir die beiden Hälften aufeinander und verdrehen sie gegeneinander (Abb. 5). Sollte es quietschen, hilft ein Tropfen Öl. Die Verdrehung geschieht innerhalb der Umkugel. Alle Eckpunkte haben ihre Bahnkurven auf der Umkugel.

Ein Bild, das Farbigkeit, Design enthält.

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Abb. 5: Verdrehung. Disheptaeder

Wir sehen bei jedem zweiten Zwischenhalt ein weiteres Polyeder. Dieses ist ebenfalls ein Lösung unseres Problems, also die dritte Lösung (Abb. 5 und Abb. 6). Das Polyeder heißt Disheptaeder oder Antikuboktaeder.

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Abb. 6: Disheptaeder mit Umkugel. Sechseckiger Äquator

Das Polyeder sieht etwas verständlicher aus, wenn wir sie auf ein Seitendreieck stellen, das keine Kante mit einem weiteren Dreieck gemeinsam hat. Die sechseckige Drehscheibe ist jetzt horizontal.

Die Polyeder der zweiten und der dritten Lösung sind keine archimedische Körper, da nicht alle Eckenkonfigurationen gleich sind.

5.4     Die vierte Lösung

Die vierte Lösung ist das regelmäßige Sechseck (Abb. 7). Genauer: ein doppellagiges regelmäßiges Sechseck. Es kann zur Not als Polyeder gedeutet werden, allerdings mit dem Volumen null. Und dann wäre es sogar ein platonischer Körper.

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Abb. 7: Vierte Lösung: Sechseck

6     Nachweis

Es ist zu zeigen, dass es keine weiteren Lösungen mehr gibt.

6.1     Pyramiden

Die Seitenflächen des gesuchten Polyeders schneiden die Umkugel in Kreisen. Die Eckpunkte müssen wegen der konstanten Kantenlänge gleichmäßig auf diesen Kreisen verteilt sein, sind also die Eckpunkte von regelmäßigen Vielecken. Der Umkreisradius dieser regelmäßigen Vielecke darf nicht größer als die Kantenlänge sein. Es kommen daher nur regelmäßige Vielecke mit drei, vier, fünf oder sechs Ecken in Frage.

Die Verbindungen der Ecken mit dem Umkugelmittelpunkt führen zu Pyramiden, deren Grundfläche das jeweilige regelmäßige Vieleck und deren sämtliche Seitenflächen regelmäßige Dreiecke sind.

Es kommen nur wenige Pyramiden in Frage: Tetraeder (Abb. 8a), halbes Oktaeder (Abb. 8b), ein Eckenabschnitt des Ikosaeders (Abb. 8c) und das flache Sechseck (dieses mit Kanten zum Mittelpunkt, Abb. 8d). Das flache Sechseck ist eine Pyramide mit der Höhe null und damit auch dem Volumen null.

Abb. 8: Pyramiden

An den blauen Schrägkanten dieser Pyramiden, welche sich im Innern des Polyeders befinden, müssen sich die Winkel zwischen den Seitendreiecken (Diederwinkel) auf genau 360° aufsummieren lassen.

6.2     Diederwinkel

Das Tetraeder (Abb. 8a) hat den Diederwinkel arccos(⅓) ≈ 70.53°.

Das Oktaeder (Abb. 8b) hat den Diederwinkel arccos(–⅓) ≈ 109.47°.

Diese beiden Winkel sind die berühmten „kristallografischen Winkel“. Sie ergänzen sich auf 180°.

Das Ikosaeder (Abb. 8c) hat den Diederwinkel 180° – 2*arctan((3–sqrt(5))/2) ≈ 138.19°.

Das flache Sechseck (Abb. 8d) hat den Diederwinkel 180°.

Nun geht es darum, mit diesen Diederwinkeln an den blauen Schrägkanten der Pyramiden zurechtzukommen. Sie müssen auf 360° aufaddiert werden. Die Diederwinkel von Tetraeder und Oktaeder ergänzen sich auf 180°. Der Diederwinkel des Ikosaeders ist ein Exot, der mit den anderen Winkeln und mit sich selber nicht auf 360° aufsummiert werden kann. Die zugehörige Pyramide (Abb. 8c) kommt also nicht in Frage. Nun gibt es nur noch endlich viele Möglichkeiten, diese Diederwinkel auf 360° zu summieren. Dies führt mit einigen Überlegungen der Raumanordnung zu unseren vier Lösungen.

7     Origami-Kantenmodelle

Aus dreieckigem Origami-Papier erhalten wir durch Einfalten der Ecken auf den Mittelpunkt ein regelmäßiges Sechseck.

Weiter kann ein Tetraeder-Hütchen ohne Boden gefaltet werden.

Mit einem Trick (Weglassen einer Einfaltung beim Herstellen des Tetraeder-Hütchens) erhalten wir auch ein Vierkant-Pyramiden-Hütchen mit einem unten offenen quadratischen Boden. Diese Hütchen sind zwar strukturell nicht mehr so schön symmetrisch wie das Tetraeder-Hütchen, aber für unsere Zwecke hinreichend.

Da alle diese Hütchen keinen Boden haben, können sie mit Büroklammern oder Tacker-Klammern (oder mit Leim, wodurch allerdings irreversible Modelle entstehen) von außen her aneinandergefügt werden. Es ergeben sich Kantenmodelle ohne Seitenflächen.

Im Folgenden verschiedene Ansichten der Modelle.

7.1     Kuboktaeder

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Abb. 9: Kuboktaeder

7.2     Dreieckskuppel

Ein Bild, das Papierprodukt, Papier, Papierkunst, Bastelpapier enthält.

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Abb. 10: Dreieckskuppel

7.3     Disheptaeder

Ein Bild, das Papierkunst, Papierprodukt, Origami, Papier enthält.

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Abb.11: Disheptaeder

7.4     Sechseck

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Abb. 12: Sechseck

 

Weblinks

 

Hans Walser: Umkugelradius

https://walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/U/Umkugelradius/Umkugelradius.html

 

Hans Walser: Dreieck-Origami

https://walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/D/Dreieck-Origami2/Dreieck-Origami2.html

 

Hans Walser: Dreieck-Origami

https://walser-h-m.ch/hans/Vortraege/20241108-09/index.html

 

Hans Walser: Tetraeder-Hütchen

https://walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/T/Tetraeder-Huetchen/Tetraeder-Huetchen.htm

 

Wikipedia: Disheptaeder

https://de.wikipedia.org/wiki/Disheptaeder

 

Wikipedia: Dreieckskuppel

https://de.wikipedia.org/wiki/Dreieckskuppel

 

Wikipedia: Johnson-Körper

https://de.wikipedia.org/wiki/Johnson-K%C3%B6rper